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       # taz.de -- US-Hausbesitzer dürfen hoffen: Ein paar Schulden weniger
       
       > Millionen überschuldeter US-Immobilienbesitzer werden entschädigt oder
       > ihr Schuldenstand wird gesenkt. Der Vergleich ist dennoch nur ein Tropfen
       > auf den heißen Stein.
       
   IMG Bild: Nach dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 mussten viele Besitzer ihre Häuser verschleudern.
       
       WASHINGTON taz | Das "Ende der Rücksichtslosigkeit" proklamierte
       US-Präsident Barack Obama, als er den Vergleich bekannt gab: Fünf
       US-Großbanken wollen überschuldeten Hausbesitzern 25 Milliarden Dollar
       zahlen. Darauf haben sie sich in 16 Monate dauernden, zähen Verhandlungen
       mit der Regierung in Washington und den Justizministern von 49
       Bundesstaaten geeinigt.
       
       Profitieren sollen völlig überschuldete Hausbesitzer, die nicht selten das
       Doppelte dessen schulden, was ihre Immobilie wert ist, sowie nunmehr
       Obdachlose, die ihre Immobilien in den vergangenen Jahren verloren haben.
       In vielen Fällen waren betrügerische Bankenpraktiken die Ursache.
       
       Die fünf Banken, die den Vergleich am Donnerstag unterzeichnet haben, sind
       die größten der Branche. Sie kontrollieren gegenwärtig 55 Prozent der
       Immobilienhypotheken in den USA. Die Schecks, die sie nun ausstellen
       müssen, bemessen sich nach ihrem Anteil an dem Geschäft.
       
       Die Bank of America soll 11,8 Milliarden Dollar zahlen, Wells Fargo 5,35
       Milliarden, JPMorgan Chase 5,29 Milliarden, die Citigroup 2,21 Milliarden
       und Ally Financial 310 Millionen Dollar. Die US-Regierung hofft, dass sich
       nach dieser Einigung auch andere große Banken auf Vergleiche einlassen,
       unter anderem die Deutsche Bank.
       
       Der Vergleich ist eine späte Reaktion auf das Platzen der Immobilienblase
       im Jahr 2008. Seither haben Immobilien fast überall in den USA
       kontinuierlich stark an Wert verloren. Die Banken hingegen haben weiterhin
       dieselben Beträge von den Hauseigentümern, die in fast allen Fällen bei
       ihnen verschuldet sind, verlangt – plus nach oben angepasste Zinsen. Zudem
       haben die Banken mit Hypotheken gehandelt, säumige Zahler aus ihren Häusern
       vertrieben und dazu in Zigtausenden von Fällen illegale Dokumente
       verwendet. Darunter Verträge, die am Fließband – und ungelesen –
       unterschrieben wurden.
       
       ## Kleine Entschädigungen
       
       Millionen Menschen in den USA haben dabei ihre Häuser verloren. Rund
       750.000, die bereits auf der Straße sitzen, können dank des Vergleichs
       kleine Entschädigungen in Höhe von 1.500 bis 2.000 Dollar bekommen. Eine
       weitere Million von Hausbesitzern, die Zahlungsprobleme hat, darf auf
       Umschuldungsverhandlungen und in manchen Fällen auch auf Korrekturen der
       Schuldenhöhe nach unten hoffen. Auch die Bundesstaaten sollen Zahlungen aus
       dem Vergleich bekommen.
       
       Angesichts der bevorstehenden Menge von Räumungen ist das alles ein Tropfen
       auf den heißen Stein. Allein in Florida stehen gegenwärtig 600.000
       Hausbesitzer kurz vor der Räumung. In Kalifornien sind es 430.000. In den
       meisten Fällen, in denen bereits mehr als drei Monatszahlungen ausstehen
       und die Räumung terminiert ist, wird dieser Vergleich nichts ändern.
       Dennoch könnte er nach Ansicht von Beobachtern eine Wende auf dem
       Immobilienmarkt einleiten und die rasante Entwertung von Immobilien
       bremsen.
       
       Für die Banken bringt der Vergleich die Gewissheit, dass sie keine
       juristische Verfolgung durch die Bundesregierung für die betrügerischen
       "Fließbandunterschriften" unter Hypothekenverträge mehr riskieren.
       
       Die Banken, die jetzt unterzeichnet haben, waren schon 2008 Nutznießer
       eines "Rettungsprogramms". Um zu verhindern, dass sie untergingen, hat die
       US-Bundesregierung ihnen damals Milliardensummen – für die sie keine Zinsen
       zahlen mussten – gewährt.
       
       Aus dieser Ungleichbehandlung von Banken einerseits und kleinen
       Hausbesitzern andererseits entstand der Slogan der Occupy-Bewegung: "Sie
       wurden gerettet, wir flogen auf die Straße." Unter anderem erhielten die
       Wells Fargo und die JPMorgan Chase vor vier Jahren je 25 Milliarden Dollar,
       die Bank of America bekam 15 Milliarden.
       
       10 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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