URI: 
       # taz.de -- Kommentar Acta: Einladung zum Missbrauch
       
       > Das Acta-Abkommen treibt Demonstranten in ganz Europa auf die Straßen –
       > zu Recht. Es droht eine neue Form der Überwachung und Zensur.
       
       Das ursprüngliche Versprechen lautete: Durch das Internet wird alles
       leichter. Kein langes Anstehen mehr am Bahnschalter: zack! - und das Ticket
       ist zu Hause ausgedruckt. Reisebüro: Quatsch. Da googel ich mir die
       billigste Verbindung doch lieber selber. Und wenn es stürmt und schneit,
       das Kino weit und das Fernsehprogramm nichts ist: Wie gut, dass ich mir
       einen Film für 1,99 Euro runterladen kann. Auch die Freundschaftspflege
       dank Facebook über Kontinente hinweg - alles kein Problem.
       
       Denkste!
       
       Das Netz ist ein scheinbar unendlicher Marktplatz. Mit knallhart umkämpften
       Interessen. Die Diskussionen über Facebook zeigen, wie ungeschützt sich
       viele in die Hände von Anbietern begeben, denen es in erster Linie ums
       Geldverdienen geht.
       
       Jetzt treibt eine neue Debatte Demonstranten in ganz Europa auf die
       Straßen. In einem internationalem Abkommen sollen Internetanbieter
       verpflichtet werden, zu überprüfen, was ihre jeweiligen Nutzer im Netz so
       treiben. Staatliche Hoheitsaufgaben, Polizeiarbeit nämlich, können also an
       Privatunternehmen ausgegliedert werden. Da müssen die Alarmglocken
       schrillen: Wie halten es die privatisierten Blogwarte mit Datenschutz und
       Korruption?
       
       Die Begründung für das Acta-Abkommen klingt dabei zunächst sogar
       einleuchtend. Endlich sollen die permanenten Urheberrechtsverletzungen
       eingedämmt werden. Schluss damit, dass mit nur wenigen Klicks Musik, Filme
       und Texte genutzt und verbreitet werden, ohne dass die UrheberInnen für
       ihre Arbeit entlohnt werden.
       
       Damit Acta von möglichst vielen Ländern unterzeichnet wird, ist es, wie
       jede Kompromissformel, schwammig formuliert. Damit bleibt viel Raum für
       Interpretationen. Kritiker befürchten zu Recht, dass einzelne Staaten sich
       damit auf Acta berufen können, um ihre eigenen Interessen einfach
       durchzusetzen. Im Zweifel kann das sehr schnell Zensur bedeuten, wenn
       beispielsweise ultrakatholische Regierungen Acta missbrauchen, um Seiten
       von und für Homosexuelle zu sperren.
       
       Mit jedem Tag wird unser Leben ein bisschen weiter infiziert von den
       Möglichkeiten des Internets. Das macht unser Leben nicht nur einfacher,
       sondern verlangt, uns durch komplizierte Sachverhalte durchzubeißen und
       eigenverantwortlich Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Und gegebenenfalls
       auf die gute alte Straße zu gehen, um gegen eine ganz neue Form der
       Überwachung und Zensur zu protestieren.
       
       10 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ines Pohl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Richter am Amtsgericht Reutlingen: Facebook-Account beschlagnahmt
       
       Bei Facebook konnten bisher nur öffentliche Daten eingesehen werden. Das
       will ein Richter ändern. Denn über das Netzwerk sollen wichtige
       Informationen für einen Einbruch verschickt worden sein.
       
   DIR Acta in Deutschland: Vorerst nicht unterzeichnet
       
       Guido Westerwelle wies den deutschen Botschafter in Japan an, Acta zunächst
       nicht zu unterschreiben. Wie geht es nun mit dem Abkommen zum
       Urheberrechtsschutz weiter?
       
   DIR Acta in Deutschland: Entscheidend ist das Kleingedruckte
       
       Acta wird in Deutschland vorerst nicht unterzeichnet, doch der Protest
       reißt nicht ab. Neue Formulierungen könnten die Einschränkung von
       Grundrechten verschleiern.
       
   DIR Proteste gegen Acta: Offline-Demos gegen Netzkontrolle
       
       Zehntausende haben in ganz Europa gegen das Acta-Abkommen demonstriert. Sie
       fürchten eine stärkere Kontrolle des Internets.
       
   DIR Bundesregierung verschiebt Unterzeichnung: Acta vorerst wohl auf Eis
       
       Deutschland wird das Abkommen Acta vorläufig nicht unterzeichnen. Der
       Protest zeigt Wirkung, das Auswärtige Amt hat die erteilte Weisung wieder
       zurückgezogen.
       
   DIR Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Acta): Surfen unter Aufsicht
       
       Am Wochenende soll in mehreren deutschen Städten gegen das
       Anti-Piraterie-Abkommen Acta protestiert werden. Was genau steht drin? Kann
       es noch verhindert werden?
       
   DIR Piraten-Logo zu Acta: Hitlers achtarmiger Helfer
       
       Die Piratenpartei benutzte im Kampf gegen Acta ein Logo, dass manche zu
       Nazi-Vergleichen animiert. Dabei ist es nur schrecklich unkreativ.
       
   DIR Pro und Contra: Gehört das Urheberrecht abgeschafft?
       
       International wird an Gesetzen gearbeitet, die das illegale Herunterladen
       von Musik und Filmen bekämpfen. Wie gehen wir künftig mit geistigem
       Eigentum um?
       
   DIR ACTA-Ratifizierung ausgesetzt: Polen erinnert sich an die Bürgerrechte
       
       Nach heftigen Protesten hat die polnische Regierung die Ratifizierung des
       umstrittenen Antipirateriepaktes ACTA ausgesetzt. Der Grund: Netznutzer
       seien bisher nicht zu Wort gekommen.