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       # taz.de -- Dopingsperre für Radprofi Contador: Populäre Opferrolle
       
       > Die Verurteilung von Radprofi Alberto Contador zu zwei Jahren
       > Dopingsperre sorgt in Spanien für große Entrüstung. Selbst die
       > Regierungspartei klagt über Willkür.
       
   IMG Bild: Fühlt sich zu Unrecht verurteilt: Radprofi Alberto Contador.
       
       MADRID taz | "Mit dem Urteil in den Händen, ist das Gefühl, das ich habe,
       das der Unschuld. Ich habe nie gedopt", erklärte der dreifache Tour de
       France und zweifache Giro-dItalia-Gewinner Alberto Contador bei seinem
       ersten Auftritt vor der Presse am Dienstagabend in seinem Heimatort Pinto,
       südlich von Madrid.
       
       Der spanische Radsportprofi, der am Montag vom Internationalen
       Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne für zwei Jahre gesperrt wurde, sowie
       unter anderem einen Toursieg 2010 und den Giro 2011 aberkannt bekommen hat,
       wurde vom Chef seines Teams Saxo Bank, dem ehemaligen dänischen Radprofi
       und geständigen Dopingsünder Bjarne Riis begleitet.
       
       Die Strafe gilt rückwirkend, von dem Tag an, als positiv getestet wurde.
       Damit darf Contador ab dem kommenden 6. August wieder radeln. Doch das ist
       zu spät für die großen Events des Jahres. Der Giro, die Tour und die
       Olympischen Spiele wird der Spanier verpassen. Dem 29-Jährigen bleibt nur
       die Vuelta de España.
       
       Das Urteil kam nach 19 Monaten Ermittlungen. Contador war am Ruhetag der
       Tour de France 2010 bei einer Dopingprobe positiv auf das Mastmittel
       Clenbuterol getestet worden. Er schob es auf ein verunreinigtes
       Rindersteak, das ihm aus Spanien mitgebracht worden sei.
       
       Die Untersuchungen in der fraglichen Fleischerei, im Schlachthof und bei
       der Rinderzucht lieferten dafür keine Beweise. Da Contador außerdem
       Plastikrückstände im Blut hatte, will die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada)
       sowie der Internationale Radverband (UCI) eine Eigenbluttransfusion nicht
       ausschließen. Auch verunreinigte Nahrungszusatzstoffe könnten der Urheber
       sein.
       
       Da die Dopingregelungen den Sportler verpflichten, eine schlüssige
       Erklärung abzugeben, wie ein Wirkstoff in seinen Körper gekommen ist, und
       Contador diese schuldig blieb, wurde er verurteilt.
       
       "Jedem, der das Urteil liest, wird klar, dass ich mich nicht gedopt habe",
       strickte Contador dennoch weiter an seiner in Spanien populären Rolle, des
       Opfers eines Justizirrtums. "Wir werden bis zum Ende gehen", erklärte
       Contador.
       
       ## Spanien steht hinter dem Verurteilten
       
       Ob dies bedeute, dass er vor die reguläre Schweizer Gerichtsbarkeit ziehen
       will, um das Cas-Urteil anzufechten, darüber wollte er sich allerdings
       nicht äußern.
       
       "Es ist ein perverses System", beschwert sich der spanische
       Radverbandspräsident Juan Carlos Castello. Der spanische
       Disziplinarausschuss sprach Contador trotz der positiven Clenbuterolprobe
       frei. Selbst der damalige sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez
       Zapatero hatte öffentlich Druck auf die Institution ausgeübt.
       
       In Spanien wird der Verurteilte weiter von allen Seiten in Schutz genommen.
       Die regierenden Konservativen halten die Dopingsperre für Contador für eine
       "Ungerechtigkeit". Die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs
       sei ein "Willkürurteil ohne Grenzen", sagte die Generalsekretärin der
       konservativen Volkspartei, María Dolores de Cospedal.
       
       ## Französische Verschwörung vermutet
       
       Die Sportsendungen im Radio wüten gegen das "völlig unverständliche Urteil"
       und wittern eine Verschwörung aus Frankreich. "Sie geben ihm die
       Höchststrafe, das ist zum Heulen", twitterte Tennisstar Rafael Nadal.
       
       "Was für eine Gemeinheit", reagierte der fünffache Toursieger Miguel
       Induraín. "Ein kompletter Irrsinn" schreibt die Tageszeitung El Mundo. 
       
       "Ich werde weiterhin Radsport praktizieren, sauber, wie ich das immer getan
       habe", bekräftigte Contador am Ende der Pressekonferenz. "Wenn Alberto
       weitermachen will, an mir soll es nicht liegen", unterstützte
       Saxo-Bank-Teamchef Bjarne Riis seinen verurteilten Fahrer.
       
       8 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR Doping
       
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