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       # taz.de -- Gewalt in Syrien: Die Diplomaten gehen, der Krieg bleibt
       
       > Die USA und Großbritannien schließen ihre Botschaften in Syrien, die
       > Mitarbeiter verlassen das Land. Merkel und Sarkozy fordern eine
       > Kontaktgruppe.
       
   IMG Bild: Zerstörungen in Rasten, nahe Homs.
       
       BRÜSSEL/BERLIN taz | "Aus Sicherheitsgründen" haben die USA am Montag ihre
       Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus geschlossen. Nach Angaben
       des Außenministerium in Washington haben alle Mitarbeiter das Land
       verlassen. Zuvor hatten US-Regierungsvertreter dem Nachrichtensender CNN
       gegenüber erklärt, die Botschaft sei "ein mögliches Ziel" für
       Selbstmordanschläge. Kurz vor Redaktionsschluss kündigte auch London an,
       seine diplomatischen Vertretungen zu schließen.
       
       Mit scharfen Worten kritisierte derweil Angela Merkel Russlands und Chinas
       Veto gegen eine UN-Resolution gegen das Assad-Regime. "Beide Länder
       übernehmen die Verantwortung für Gewalt und Blutvergießen." Darüber sei sie
       "nicht nur enttäuscht, sondern entsetzt", sagte die Bundeskanzlerin gestern
       in Paris, wo sie sich mit Nicolas Sarkozy zum deutsch-französischen
       Ministerrat traf.
       
       Frankreichs Präsident unterstützt Merkel bei ihren Bemühungen um schärfere
       Sanktionen gegen Syrien. Beide kündigten an, eine internationale
       Kontaktgruppe ins Leben zu rufen. Dabei sollten die Türkei und die
       Arabische Liga eine zentrale Rolle spielen, wie Außenminister Guido
       Westerwelle bereits am Sonntag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz
       vorgeschlagen hatte. Schon in der Libyenkrise hatte eine solche Gruppe
       geholfen, das internationale Handeln zu koordinieren.
       
       Bereits seit September gilt in der EU ein Ölembargo. Auch der Verkauf von
       Maschinen für die syrische Öl- und Gasindustrie sind verboten, genauso wie
       Investitionen in syrische Firmen. Bis dahin wurden 90 Prozent des syrischen
       Öls in EU-Länder verkauft. Außerdem dürfen über 100 Personen aus Syrien -
       darunter der Präsident selbst - nicht mehr in die EU einreisen.
       
       ## EU soll Opposition unterstützen
       
       Im Europäischen Parlament werden Forderungen nach weiteren Schritten gegen
       Assad lauter: "Die Mitgliedstaaten sollten alle syrischen Botschafter aus
       der EU rauswerfen", so der Vorsitzende der Liberalen Fraktion, Guy
       Verhofstadt. Dies unterstützt auch die außenpolitische Sprecherin der
       Grünen, Franziska Brantner. Außerdem fordert sie einen EU-Gesandten, der
       die syrische Opposition unterstützen soll.
       
       Zudem hatten die Grünen im Europäischen Parlament schon vor Monaten
       vorgeschlagen, die syrische Opposition mit Kommunikationsmitteln und
       Satellitenbildern zu unterstützen. Ähnlich äußerte sich nun auch der
       Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Berliner Bundestag, Ruprecht
       Polenz: "Das ist die schärfste Waffe, die im Augenblick zur Verfügung
       steht", erklärte der CDU-Politiker im "ARD-Morgenmagazin".
       
       In der nächsten Sitzungswoche könnte das Europäische Parlament erneut eine
       Resolution gegen Assad verabschieden. Die hätte zwar keine direkte
       politische Wirkung, aber die Abgeordneten wollen so den Druck erhöhen,
       entsprechende Maßnahmen zu beschließen.
       
       Auch die USA wollen weitere Strafmaßnahmen gegen Syrien verhängen und
       bestehende Sanktionen ausweiten. Angesichts eines "kastrierten"
       Sicherheitsrats müsse man die Bemühungen zur Unterstützung des syrischen
       Volkes außerhalb der UN verdoppeln, so US-Außenministerin Hillary Clinton.
       
       Einen US-Militäreinsatz dagegen lehnte Präsident Obama in einem
       TV-Interview erneut ab. Newt Gingrich, der bei den nächsten
       Präsidentschaftswahlen für die Republikaner gegen Obama antreten möchte,
       brachte Waffenlieferungen an die Opposition ins Spiel. Das sei "denkbar",
       sagte er dem US-Sender CBS.
       
       6 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR R. Reichstein
   DIR D. Bax
       
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