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       # taz.de -- Muslime gegen Antisemitismus: Solidarität unter "Geschwistern"
       
       > Muslime haben zu mehr Einsatz gegen Antisemitismus aufgerufen. Man wolle
       > mit den "jüdischen und christlichen Geschwistern" zusammenarbeiten.
       
   IMG Bild: Die Vorsitzenden der muslimischen Verbände mit ihrem Sprecher, Bekir Alboga (m., Archivbild).
       
       BERLIN taz | Bekir Alboga, der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime,
       hat zu einem stärkeren Engagement gegen Antisemitismus und andere Formen
       der Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. Er reagierte damit auf die Ergebnisse
       einer Studie zum Antisemitismus in Deutschland, die von
       Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse in der vergangenen Woche
       vorgestellt wurde.
       
       Dem Bericht des Expertenkreises Antisemitismus zufolge sind rund 20 Prozent
       der Deutschen "latent antisemitisch" - und zwar nicht nur am rechten Rand,
       sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Durch islamistische Propaganda
       fänden antisemitische Stereotype zudem unter türkisch- und
       arabischstämmigen Jugendlichen Verbreitung.
       
       Der Bericht zeige, "dass die Maßnahmen zur Verhinderung von Hass gegen
       Andersgläubige und andere Kulturen weder ausreichend noch wirksam" gewesen
       seien, sagte Alboga. Die muslimischen Religionsgemeinschaften seien
       "bereit, dass Notwendige zu tun, Hand in Hand mit unseren jüdischen und
       christlichen Geschwistern".
       
       Vertreter des Koordinationsrats, der die vier größten muslimischen Verbände
       in Deutschland vertritt, hätten dieses Ziel bei ihren Treffen mit
       Vertretern der jüdischen Gemeinschaft schon oft zum Ausdruck gebracht.
       
       ## Schulhofschimpfwort "Jude"
       
       Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann,
       hatte die islamische Gemeinschaft in der vergangenen Woche aufgefordert,
       sich stärker gegen Antisemitismus in den eigenen Reihen zu stellen.
       Graumann hatte darauf hingewiesen, dass das Wort "Jude" auf manchen
       Schulhöfen inzwischen als Schimpfwort verwendet werde. "Es sind häufig
       gerade junge Muslime, die sich so betont judenfeindlich äußern", hatte
       Graumann gesagt.
       
       Die Autoren des "Antisemitismus-Berichts" hatten bei der Vorstellung der
       Studie allerdings angemerkt, dass die Verbreitung von Antisemitismus unter
       Einwanderern bislang kaum erforscht sei. Man wisse aber, dass
       antisemitische Einstellungen auch unter russisch- und polnischstämmigen
       Jugendlichen weit verbreitet seien.
       
       Bekir Alboga betonte die Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Muslimen. Es
       gebe auf beiden Seiten "womöglich eine größere Sensibilität für Rassismus".
       Zugleich bedauerte er es, dass "nicht gleichzeitig auch eine Studie zur
       Islamfeindlichkeit in Auftrag gegeben wurde". Mit Blick auf die Zahl der
       Übergriffe auf Synagogen und Moscheen sagte er: "Wir vermissen die
       öffentliche Empörung, Distanzierung von den Tätern und Solidarisierung mit
       den Opfern".
       
       1 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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