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       # taz.de -- Kommentar Facebooks Börsengang: Bewusst netznackig
       
       > Die Facebook-Timeline wird für alle Nutzer eingeführt - auch wenn man sie
       > nicht will. Was soll man da machen? Abschalten? Oder einfach
       > selbstbewusst nackig sein.
       
       Facebook nutzt seine Nutzer. Je mehr sie in kurzen "Wie gehts uns denn
       heute?"-Sätzen oder Urlaubsfotos von sich erzählen, desto besser kann der
       Konzern passende Werbung schalten. Das bringt Geld. Selten zeigt sich das
       so deutlich wie jetzt, wo Facebook an die Börse will: Unternehmenswert bis
       zu 100 Milliarden, die Liga von Siemens oder VW.
       
       Facebook nutzt seinen Nutzern. Ja, auch das. Es macht Spaß, dem
       Arbeitskollegen beim Hochseefischen zuzusehen. Man bleibt mit fernen
       Freundinnen in Kontakt. Es gibt kluge Diskussionen, Wulff-News, witzige
       "Tatort"-Verrisse in zwei Sätzen. Je mehr Spaß das alles macht, desto mehr
       vertraut man dem Netzwerk auch an. Ohne viel darüber nachzudenken.
       
       Facebook ist das sehr recht. Der Konzern profitiert ja davon, dass sich
       seine Kunden recht netznackig machen. Das ist das Kerngeschäft, und da
       endet dann auch die Kundenfreundlichkeit des Börsenaspiranten: Selbst wenn
       Tausende Mitglieder zeigen, dass sie die neue Facebook-Chronik offenbar
       nicht wollen - Facebook führt sie trotzdem für alle ein. Die Facebook-Seite
       wird zur automatisch bebilderten Lebenslinie. Was soll man da machen? Aus
       Protest abschalten?
       
       Man kann sich die Chronik erst einmal genauer ansehen. Das
       "Aktivitätenprotokoll" zeigt, was man vor zweieinhalb Wochen oder vor drei
       Jahren alles bei Facebook veröffentlicht hat. Die schöne Ironie: Dass
       Facebook das mit der Lebenslinie nun alles ans Licht zerrt, wirkt
       aufklärerisch. Es befördert die Erkundung des eigenen Exhibitionismus.
       
       Man muss sich nur die Mühe machen, alles anzusehen: Wer ist dieser Mensch,
       der vor drei Jahren diesen Quatsch auf meinem Profil veröffentlicht hat,
       diese Saublödwitze? Ich bin das? Verdammt! Und wer kann das heute sehen?
       Das lässt sich herausfinden: Mit einem Klick auf "Anzeigen aus der Sicht
       von". Dann kann man immer noch überlegen: Beitrag löschen, Mitgliedskonto
       löschen? Oder: sich selbst so sehr schön finden und selbstbewusst
       netznackig bleiben.
       
       2 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Gernert
       
       ## TAGS
       
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