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       # taz.de -- WETTERKUNDE: "Für Schnee ist es zu kalt"
       
       > Der Meterologe Uwe Ulbrich weiß Bescheid über sibirische Kälte, die gar
       > nicht aus Sibirien kommt und warum sich Berlin frostiger anfühlt als
       > München.
       
   IMG Bild: Zu kalt für viel Schnee: Das Tempelhofer Feld am Sonntag.
       
       taz: Herr Ulbrich, wir hatten den Winter schon abgeschrieben. Passend zum
       Schlussverkauf ist es doch noch richtig kalt geworden. Bleibt das so? 
       
       Uwe Ulbrich: In den nächsten Tagen wird es sogar noch etwas kälter. Für die
       kommende Woche gibt es noch keine verlässlichen Angaben. Schnee wird es
       erst mal nicht geben, dafür ist es zu kalt. Wenn wir irgendwann zwangsweise
       zum Frühjahr zurückkehren, kann es allerdings nochmals zu Schnee und
       Glatteis kommen.
       
       Und wann können wir auf den Seen Schlittschuh laufen? 
       
       Ich will keine exakte Prognose angeben, wann die Seen zugefroren sind. Ich
       bin gerade gestern am Schlachtensee gewesen. Da ist ein Mädchen am Rand
       eingebrochen. Bei aller Vorsicht, ich bin darin kein Experte: Wenn es so
       kalt bleibt, kann man einige Seen am Wochenende betreten. Das hängt aber
       vom See ab. Wenn der einen Frischwasserzufluss hat, der warm ist, kann es
       länger dauern, bis er zufriert.
       
       Wochenlang war es bewölkt und mild, plötzlich ist es sonnig und sehr kalt.
       Wieso eigentlich? 
       
       Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Kälteperioden kommt, auch wenn der
       Winter lange mild verlief, ist immer gegeben. Wir erwarten gegenwärtig aber
       nicht, dass es solange kalt bleibt, dass dieser Winter als kalter Winter in
       die Annalen eingehen wird.
       
       Wie wirkt sich der Kälte-Einbruch auf die Vegetation aus? 
       
       Kaum. Die Vegetation war noch nicht so weit fortgeschritten, dass man mit
       größeren Schäden rechnen müsste. Bei Spätfrost im April oder Mai, wenn die
       Vegetation sich schon komplett auf Frühling eingestellt hat, ist das etwas
       anderes.
       
       Manch ein bayerischer Tourist klagt, dass es hier in Berlin kälter ist als
       im auf 500 Höhenmeter gelegenen München, wie kommt das? 
       
       Wenn die Temperaturen an beiden Orten gleich sind, dann liegt das am Wind.
       Eine komplette Windstille wird nicht als so kalt empfunden wie wenn der
       Wind weht. Wir haben hier eine größere Chance auf bodennahe Kaltluft, die
       aus Nord- und Osteuropa kommen kann. München ist durch die schützenden
       Alpen und den Böhmischen Wald von Kaltluft am Boden weit weniger betroffen.
       
       Es wird ja gerne auf die "sibirische Kälte" geschimpft. Kommt die kalte
       Luft denn tatsächlich aus 8.000 Kilometer Entfernung? 
       
       Wenn man von sibirischer Kaltluft spricht, dann bedeutet das
       meteorologisch, dass man die Kaltluftpakete bis nach Sibirien rückverfolgen
       kann. Es gibt wirklich Kaltluftbereiche, die von Sibirien nach Europa
       reichen. Oft kommen die Kaltluftpakete aber nur aus Osteuropa. Die Leute
       bezeichnen sie dann trotzdem als sibirisch, obwohl sie da gar nicht
       herkommen.
       
       Interview:
       
       30 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Goll
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
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