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       # taz.de -- Proteste gegen Weltwirtschaftsforum: Occupy besetzt Davosdebatte
       
       > Die Aktionen gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos sind überschaubar.
       > Trotzdem sehen sich die Wirtschaftseliten zu Rechtfertigungen genötigt.
       
   IMG Bild: Von oben: Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos.
       
       DAVOS taz | Flurina Marugg hat Glück. Weil es in Davos seit Wochen ständig
       schneit, haben die Schneeräumer meterhohe Haufen zusammengeschoben. Daraus
       können die 22-Jährige und ihre Mitstreiter mit Schneesägen Quader
       herausschneiden, die sie dann auf dem Parkplatz der Parsenn-Seilbahn in
       Davos-Dorf spiralförmig zu Iglus aufschichten.
       
       30 bis 50 Leute übernachten in den mittlerweile acht Schneehütten und zwei
       Zelten, um "ein Zeichen zu setzen" gegen das Weltwirtschaftsforum (WEF),
       auf dem sich auch in diesem Jahr die macht- und wirtschaftspolitischen
       Eliten treffen: Regierungschefs, Minister, Zentralbanker und
       Konzernmanager.
       
       Der Schweizer Tagesanzeiger hat das Camp freundlich, aber abschätzig
       "Pfadilager" genannt, Pfadfinderlager. Was stimmt: Den Occupy-Leuten in
       Davos liegt nichts ferner, als am Zaun des Kongresszentrums zu rütteln. Ihr
       Camp ist vom Gemeinderat genehmigt, sie sind zuvorkommend und freundlich.
       
       Falsch ist aber die Unterstellung, die Besetzer übten keinen politischen
       Einfluss auf das aus, was hinter den Absperrungen beim WEF diskutiert wird.
       Flurina zählt auf, welche englischsprachigen Medien schon da waren: BBC,
       CNN, Bloomberg, Associated Press und so weiter. Auf der Davos-Internetseite
       von Reuters gibt es Berichte und Videos über die Iglubauer.
       
       So gelingt es den Protestierern, die offizielle Veranstaltung unter
       Rechtfertigungsdruck zu setzen. Funktioniert der Kapitalismus als System
       noch, kann man ihn reparieren? Diese Fragen, die auch Occupy formuliert,
       gehören zu den wichtigsten Themen von Davos.
       
       ## Undemokratische Veranstaltung
       
       Flurina, die Frau mit der Russenmütze, spricht den beim WEF versammelten
       Vorstandschefs und Politikern die Legitimation ab, den "Zustand der Welt zu
       verbessern", wie es der Anspruch des WEF ist. "Diese Veranstaltung ist
       undemokratisch, niemand hat diese Leute gewählt." Diese letzte Behauptung
       stimmt allerdings zumindest bei den anwesenden Vertretern demokratischer
       Regierungen nicht.
       
       Die Aktivisten begreifen sich als die überwiegende Mehrheit der
       Bevölkerung. "Wir sind die 99 Prozent" steht auf einem Schild, das im
       Schnee steckt - diese Zahl ist wohl ebenso willkürlich wie der
       Machtanspruch der Wirtschaftselite.
       
       Und was konkret wollen die Occupy-Leute hier in Davos? "Die Konzerne sollen
       das Geld zur Verfügung stellen, um den Hunger auf der Welt zu stoppen",
       sagt Flurina. Sie sollen die Menschenrechte achten und mit weniger Profit
       zufrieden sein.
       
       Darüber, wie das möglich wäre, könnte man tatsächlich diskutieren.
       Schließlich gibt es seit vier Jahren eine Finanzkrise, die auch durch die
       maßlosen Profitansprüche der Banken und Kapitalbesitzer ausgelöst wurde.
       Aber WEF-Chef Klaus Schwab will die Occupy-Leute nicht zum offiziellen
       Forum einladen - obwohl sie gern mitreden würden. "Vielleicht nächstes
       Jahr", heißt es beim WEF.
       
       25 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Occupy-Bewegung
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