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       # taz.de -- Kommentar Weltforen: Müder Norden, munterer Süden
       
       > Im Luxuskurort Davos findet das Weltwirtschaftsforum und im sonnigen
       > Porto Alegre das Weltsozialforum statt. Mehr Demut würde dem reicheren
       > Norden nicht schaden.
       
       Im Jahre 4 nach der Lehman-Pleite befinden sich die Industriestaaten in
       einer veritablen Systemkrise. Das macht sich auch auf dem diesjährigen
       Weltwirtschaftsforum im Luxuskurort Davos bemerkbar. Vom einstigen Protz in
       den 90er und Nuller Jahren ist nur noch wenig zu spüren. Stattdessen
       bemühen sich die Reichen um Nüchternheit. Schließlich müssen sie nicht nur
       immer verzweifelter um den Bestand ihres Vermögens kämpfen, der
       Kapitalismus in seiner bisherigen Form an sich steht auf der Kippe.
       Zugleich macht sich Müdigkeit breit.
       
       Bei den Sozialbewegten auf dem Weltsozialforum im sonnigen Porto Alegre
       hingegen ist von Krise allenfalls abstrakt die Rede. Munter debattieren sie
       über langfristige Konzepte einer besseren Welt und nutzen die Anwesenheit
       von 20.000 engagierten Aktivisten, um sich entspannt auf den großen
       UN-Umweltgipfel Mitte des Jahres in Rio De Janeiro vorzubereiten. Von Krise
       ist nicht wirklich viel zu spüren. Der globale Süden sieht sich im Aufwind.
       
       Die so völlig unterschiedliche Stimmung in Davos und Porto Alegre zeigt
       einmal mehr, wie sehr die letzten Jahre die Welt umgekrempelt haben. Bisher
       arbeitete sich das Weltsozialforum inhaltlich-widerständig immer am
       Reichenforum in Davos ab. Doch Euro-Krise, Rezession, Schuldenexzesseund in
       die Höhe schnellende Massenarbeitslosigkeit – das sind zu Beginn des Jahres
       2012 Probleme des Nordens. Die Länder Lateinamerikas, Indien und selbst
       einige afrikanische Länder hingegen haben sich zu Motoren der
       Weltwirtschaft gemausert. Die einstigen Kolonialmächte sind nun die
       Bittsteller.
       
       An diesem Rollentausch muss sich der nach wie vor reichere Norden gewöhnen.
       Und mehr Demut und Bescheidenheit wird ihm nicht schaden. Dem Süden ist
       dieser Aufholprozess zu gönnen. Er war auch lange nötig.
       
       24 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Occupy-Bewegung
       
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