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       # taz.de -- Neue Forderungen an Griechenland: Athens Sanierungsplan entgleist
       
       > Der griechische Finanzminister Venizelos muss sich in Brüssel viel Kritik
       > am Fortgang der Sanierungsmaßnahmen anhören. Wird nicht nachgebessert,
       > könnten die Zahlungen eingestellt werden.
       
   IMG Bild: Augenbrauen in Richtung Decke: Jean-Claude Juncker (r.) spricht mit dem griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos.
       
       BRÜSSEL afp/dpa/dapd | Die Eurozone hat vom hochverschuldeten Griechenland
       neue Spar- und Reformbemühungen gefordert, um seine Finanzlage in den Griff
       zu bekommen.
       
       "Es ist deutlich, dass das griechische Programm aus der Spur geraten ist",
       sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am frühen Dienstagmorgen nach
       einem Treffen der europäischen Finanzminister in Brüssel.
       
       Den mit Euroländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF)
       vereinbarten Spar- und Reformzielen zum Trotz kommt Griechenland im Kampf
       gegen seinen Schuldenberg von rund 350 Milliarden Euro und im Bemühen um
       mehr Wettbewerbsfähigkeit nicht wie erwartet voran.
       
       Mit der Troika aus EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank müsse
       Griechenland die "Eckpunkte eines ehrgeizigen Anpassungsprogramms so
       schnell wie möglich" vereinbaren, mahnte Juncker. Das sei die Voraussetzung
       für weitere Finanzhilfen.
       
       ## Streitpunkt Zinssatz
       
       Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos wurde in Brüssel hart
       kritisiert. Der als Hardliner bekannte niederländische Ressortchef Jan Kees
       de Jager resümierte: "Es gab wachsende Übereinstimmung, dass die Zeit
       ausläuft. Griechenland muss sich nun endlich bei Strukturreformen und
       Wachstumsankurbelung bewegen". Ohne diese Bedingungen könne es keine
       weiteren Hilfskredite geben.
       
       EU-Währungskommissar Olli Rehn drängte die Regierung in Athen,
       wirtschaftliche Reformen voranzutreiben. Die Euro-Finanzminister riefen
       Griechenland außerdem auf, die Verhandlungen mit seinen privaten Gläubigern
       über einen Schuldenschnitt in den "kommenden Tagen" abzuschließen.
       
       Banken, Versicherer und Hedgefonds sollen freiwillig auf rund 100
       Milliarden Euro verzichten, um Griechenlands Schuldenlast zu verringern.
       Die Gespräche stocken, weil sich beide Seiten nicht einigen können, welchen
       Zinssatz die Gläubiger für ihre neuen Anleihen erhalten sollen.
       
       Juncker sagte auf der Pressekonferenz am Dienstag, die Eurogruppe habe den
       Venizelos aufgefordert, zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen, bei dem
       der Zinssatz über die gesamte Laufzeit der neuen Anleihen klargesenkt
       werde.
       
       ## Unkontrollierter Staatsbankrott droht
       
       Die durchschnittlichen Zinsen für die neuen Anleihen bis 2020 müssten
       "jenseits der 3,5 Prozent liegen", so Juncker. Auf Nachfrage stellte er
       klar, damit sei "unter 3,5 Prozent" gemeint. Die Banken hatten zuletzt
       einen durchschnittlichen Zinssatz von mindestens vier Prozent verlangt.
       
       Je geringer der Zinsatz, desto größer die Erleichterung für Griechenland.
       Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen ist die Voraussetzung für ein
       neues Hilfsprogramm für Griechenland in Höhe von insgesamt 130 Milliarden
       Euro. Ohne weitere Hilfen droht dem Land im März der unkontrollierte
       Staatsbankrott.
       
       Die Finanzminister aller 27 EU-Länder einigten sich zudem auf einen
       Vertragstext für den dauerhaften Euro-Rettungsfonds ESM, der im Sommer in
       Kraft treten soll. Bislang ist eine Ausleihkraft von 500 Milliarden Euro
       geplant - im März soll jedoch noch einmal geprüft werden, ob diese Summe
       ausreicht.
       
       24 Jan 2012
       
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