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       # taz.de -- Befreiungskriegsheld in Simbabwe: Ein verkohlter General und viele Fragen
       
       > Starb Befreiungskriegsheld Solomon Mujuru, Ehemann von Simbabwes
       > Vizepräsidentin, durch ein Feuer? Oder wurde er als Rivale Mugabes aus
       > dem Weg geräumt?
       
   IMG Bild: Die Witwe von Solomon Mujuru, Joice Mujuru, vor dem Gerichtsgebäude in Harare.
       
       JOHANNESBURG taz | Angeblich gibt es keine Beweise für einen Mord an
       Solomon Mujuru. Das sagen jetzt die Staatsanwälte in einem Gerichtsprozess,
       der Klarheit über die Umstände des Todes eines der bekanntesten Generäle
       Simbabwes bringen soll. Mujurus Familie glaubt nicht an die offizielle
       Version vom Unfalltod durch ein Feuer auf seiner Farm rund 65 Kilometer
       südlich der Hauptstadt Harare in der Nacht des 15. August 2011.
       
       Seine Ehefrau Joyce ist die Vizepräsidentin des Landes. Und sie behauptet,
       ihr Mann sei ermordet worden. Schließlich hatte er die Ambitionen der
       Vizepräsidentin unterstützt, Nachfolgerin des amtierenden Präsidenten
       Robert Mugabe zu werden.
       
       Mujuru, General im Ruhestand und zum Zeitpunkt seines Todes 66, war einer
       der mächtigsten Männer in Simbabwe und auch als Rex Nhongo bekannt. In den
       1960er Jahren hatte er den bewaffneten Kampf gegen die weiße
       Minderheitsherrschaft begonnen und nach Simbabwes Unabhängigkeit 1980 zehn
       Jahre lang die Armee kommandiert. Später wollte er einen Machtwechsel. Denn
       Diktator Mugabe will auch mit fast 88 Jahren nach über 30 Jahren am Ruder
       nicht abtreten. So wird nun die Untersuchung von Mujurus Tod, die seit
       Montag läuft, auch zu einer Nachfolgedebatte.
       
       Mehr als 40 Zeugen sind in Harare zu der Untersuchung vorgeladen, ob
       Mujurus Tod wirklich ein Unfall war. Laut Staatsanwaltschaft haben die
       Ermittlungen keine Hinweise auf Brandstiftung ergeben. Der General
       verbrannte im Schlafzimmer seines Hauses. DNA-Tests bestätigten, dass die
       verkohlte Leiche wirklich die von Mujuru ist.
       
       ## Erst gab es Schüsse, zwei Stunden später Feuer
       
       Ein Wächter auf der Farm sagt aus, er habe Schüsse gehört und zunächst
       gedacht, das seinen Wilderer. Etwa zwei Stunden später sei er alarmiert
       worden, dass Feuer ausgebrochen sei. Mujuru, sagte er, sei am Abend zuvor
       in seinem Auto mit einem Mitfahrer in die Farm gefahren worden. Aber außer
       Mujuru wurde niemand im Haus gefunden.
       
       Eine Hausangestellte berichtet von Ungereimtheiten. So sei in dem
       verkohlten Schlafzimmer ein Schlüsselbund gefunden worden, von dem Mujuru
       vorher gesagt hatte, er habe es in Harare vergessen. Das Auto sei an einer
       anderen Stelle geparkt worden als dort, wo Mujuru es sonst immer abgestellt
       habe. Die Angestellte spricht davon, dass es wiederholt Streit zwischen
       Mujuru und den Polizisten, die sein Haus schützten, gegeben habe.
       
       Die Polizisten widersprechen: Sie sagen, es habe sich bei dem Brand um die
       Folge von Nachlässigkeit gehandelt. Sie hätten geschlafen und das Feuer
       daher nicht bemerkt. Als sie es bemerkten, benachrichtigten sie ihre
       Dienststelle, nicht aber die Feuerwehr, weil sie keine Einheiten auf ihren
       Handys hatten. Die Feuerwehr kam zwei Stunden später, von der Dienststelle
       alarmiert, aber ohne Löschwasser.
       
       ## Privatermittler sind angesetzt
       
       Vizepräsidentin Joyce Mujuru heuerte inzwischen Privatermittler an, die die
       Untersuchungsberichte prüfen und Zeugen befragen sollen. Sie kann nicht
       verstehen, dass der frühere Armeekommandant und erfahrene Guerillakämpfer
       dem Feuer, das Teile des Hauses und Möbel intakt ließ, angeblich nicht
       entkommen konnte.
       
       Die vollständige Wahrheit werde wohl nie ans Licht kommen, glaubt Dewa
       Mavhinga, Regionalkoordinator der Crisis in Zimbabwe Coalition im
       südafrikanischen Johannesburg. "Die Anwälte der Mujuru-Familie haben nur
       begrenzt Zugang zu den Unterlagen und Zeugen." Mugabes Regierungspartei
       Zanu-Pf (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) lasse
       keinen offenen Prozess zu.
       
       Die Schraube der Gewalt wird kurz vor einem eventuellen
       Verfassungsreferendum weiter angezogen. Menschenrechtsanwalt Gabriel Shumba
       erklärt, militante Mubga-Milizionäre hätten bereits zwei Treffen zur
       Verfassungsreform gewaltsam unterbrochen: "Der Inhalt der neuen Verfassung
       reflektiert nicht den Willen der Regierung, also greifen sie die Autoren
       an." Eigentlich könnte das Dokument Ende März vorliegen. Dann soll es im
       Parlament diskutiert werden. Nun wachsen die Spannungen aber wieder. Am
       Freitag riefen die Gewerkschaften zu einem fünftägigen Streik im
       öffentlichen Dienst ab Montag auf, um eine Anhebung des Mindestlohns von
       umgerechnet 155 auf 420 Euro im Monat zu erreichen.
       
       20 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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