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       # taz.de -- Wahlen in Ägypten: Liberale immer mehr im Abseits
       
       > Bei den Wahlen zur Volksversammlung führen die islamistischen Parteien.
       > Eine liberale Partei will die Wahl des Schura-Rates boykottieren - sie
       > sei nunmehr "Religionswettbewerb".
       
   IMG Bild: Bildung hilft gegen Fundamentalismus - dass rund 42 Prozent der Ägypter Analphabeten sind, ist der Demokratisierung nicht dienlich.
       
       KAIRO rtr | Kurz vor dem Abschluss der Wahlen zur ägyptischen
       Volksversammlung geraten die liberalen Kräfte immer weiter ins Abseits. Ein
       Sieg der islamistischen Parteien zeichnete sich schon vor der letzten
       Wahlrunde ab, die Anfang Januar begann. Nun kündigte eine säkulare Partei
       an, die ab Ende Januar beginnende Wahl des Schura-Rates zu boykottieren.
       
       Die zweite Parlamentskammer hat eine beratende Funktion. Die Wahlen dazu
       sollen bis Ende Februar abgeschlossen sein. Die Freie Ägyptische Partei
       erklärte am Dienstag, der Wahlprozess habe den Charakter eines
       Religionswettbewerbs angenommen. Den religiösen Parten warf sie Verstöße in
       den bisherigen Wahlgängen vor. Aus Protest dagegen werde sie die Abstimmung
       zum Schura-Rat boykottieren.
       
       Für die säkularen Kräfte Ägyptens könnte dies eine weitere Schwächung
       bedeuten. Die Islamisten dürften in der Volksversammlung rund 60 Prozent
       der Mandate gewinnen. Die Muslimbrüder sehen ihren Anteil bei rund 40
       Prozent. Auf die radikaleren, ultra-konservativen Salafisten werden
       voraussichtlich etwa 20 Prozent entfallen. Die unter dem früheren
       Präsidenten Husni Mubarak verbotenen Muslimbrüder gelten schon jetzt als
       klarer Gewinner der Wahl.
       
       ## Muslimbrüder profitieren von ihrer kontinuierlichen Basis-Arbeit
       
       Sie profitieren von ihrer intensiven und kontinuierlichen Arbeit an der
       Basis der Gesellschaft. Die säkularen Parteien konnten die Ägypter hingegen
       offensichtlich kaum überzeugen. Der liberale Ägyptische Block und die
       Wafd-Partei können mit je neun Prozent der Stimmen rechnen. Anhänger des
       durch einen Volksaufstand gestürzten Ex-Präsidenten Husni Mubarak dürften
       auf etwa vier Prozent der Stimmen gekommen.
       
       Die erste Wahl nach dem Sturz Mubaraks im Februar ist ein wichtiger Teil
       des geplanten Übergangs von einer Militär- zu einer Zivilregierung.
       Wahlbeobachter bezeichneten die bisherigen Wahlrunden, die im November
       begannen, als relativ fair und frei von Unregelmäßigkeiten.
       
       10 Jan 2012
       
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