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       # taz.de -- Deutsche Meisterschaft im Eiskunstlauf: Vier Minuten Glanz
       
       > Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi gewinnen mit einer herzerwärmenden
       > Kür den Eistanztitel - und wollen nun die Weltspitze stören.
       
   IMG Bild: Beste Kurvenlage: Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi bei den Deutschen Meisterschaften im Eiskunstlauf.
       
       Sie hatten das große Plakat am Ortseingang bis zum Ende der Deutschen
       Meisterschaften nicht gesehen. Das Plakat mit ihrem Bild, drei mal zwei
       Meter groß. "Wir waren, seit es aufgehängt wurde, nur einmal kurz draußen",
       sagt Alexander Gazsi, "über Silvester. Aber da wars dunkel."
       
       Als Gazsi und Nelli Zhiganshina am Wochenende in Oberstdorf ihren zweiten
       Deutschen Meistertitel im Eistanz gewannen, war es draußen auch wieder
       dunkel. In der Halle aber schimmerte der Glanz einer Kür, die spannend war,
       ausdrucksstark und schön. Und die das Herz wärmte, vier Minuten lang.
       
       Eine Woche zuvor hatten die beiden beim Silvester-Schaulaufen am Fuße des
       Nebelhorns eine ganz andere Darbietung präsentiert, frei von allen
       Regelzwängen, einstudiert in einer staatlichen Zirkusschule in Moskau. Eine
       Flugnummer, bei der sie sich mithilfe einer Seilwinde kreisend vom Eis in
       die Luft erheben und die Poesie der Bewegung in eine andere Dimension
       führen.
       
       Bei Meisterschaften ist für solche Freiheit nur in sehr begrenztem Maße
       Platz. Die Regeln des Eistanzens wurden auch in diesem Winter wieder
       verschärft, bis hin zu abenteuerlichen Vorschriften wie jener, die in einer
       Prozentzahl ausdrückt, wie sehr der Oberkörper der Tänzerin bedeckt sein
       muss.
       
       ## "Die Spitze ist brutal festbetoniert"
       
       Aber die besten deutschen Eistänzer wollen weiter versuchen, mit kleinen
       Provokationen auf sich aufmerksam zu machen, und da sie von Jahr zu Jahr
       besser werden, wird das Interesse an ihren Auftritten immer größer. Im
       vergangenen Winter wurden sie Siebte bei den Europameisterschaften und
       Elfte bei den Weltmeisterschaften, und natürlich wollen sie diesmal mehr,
       zunächst Ende Januar bei der EM in Sheffield, dann Ende März bei der WM in
       Nizza.
       
       "Die Spitze ist brutal festbetoniert", sagt Gazsi, "da ist kaum Luft. Aber
       wir fangen an zu stören." In den ersten Jahren ihrer Partnerschaft hatten
       die Tänzer in Moskau trainiert, seit zweieinhalb Jahren leben und arbeiten
       sie nun im Allgäu, begleitet vom nicht nachlassenden Elan und der
       unerschöpflichen Inspiration des Eistanz-Bundestrainers Martin Skotnicky.
       "Für mich ist Oberstdorf der perfekte Platz", sagt Zhiganshina, deren
       Antrag auf Einbürgerung in Kürze auf den Weg gebracht werden soll.
       
       ## Es hätte alles einen Tick besser sein können
       
       Jeder muss den Ort finden, der zu ihm passt. Die Paarlauf-Weltmeister
       Aljona Savchenko und Robin Szolkowy - sie hatten auf einen DM-Start
       verzichtet - fühlen sich in Chemnitz wohl, Peter Liebers steht auf Berlin.
       Es hätte, wie er selbst zugab, alles noch einen Tick besser sein können bei
       seinen beiden Auftritten im Rahmen der Meisterschaften. Aber angesichts der
       langen Pause nach dem Bruch des Kreuzbeins war Liebers zufrieden mit seiner
       Leistung beim Gewinn des dritten Meistertitels.
       
       Auf Platz zwei landete der nächste Berliner, Paul Fentz, der mit dem
       forschen Selbstbewusstsein seiner 19 Jahre wie ein frischer Wind durchs
       gute, alte Bundesleistungszentrum fegte. Peter und Paul können gut
       miteinander; unisono versicherten sie, sich auf tolle Trainingsjahre
       miteinander zu freuen. Gemeinsam werden sich die beiden auf den Weg nach
       Sheffield machen.
       
       Ungewiss dagegen ist, wer in der Frauen-Konkurrenz laufen wird. Es gibt
       Zweifel, ob die Zeit für Sarah Hecken reichen wird, die bereits in
       Oberstdorf nicht antreten konnte, weil ihr Fuß nach einer Operation noch
       nicht stabil genug. Den Titel in einer schwachen Konkurrenz gewann
       überraschend die erst 15 Jahre alte Nicole Schott aus Essen, doch die kann
       schon wegen ihres Alters nicht nominiert werden.
       
       Nathalie Weinzierl aus Mannheim, die nach dem Kurzprogramm geführt hatte,
       erlebte in der Kür finstere Minuten. Weil die Kufe ihres Schlittschuhs
       gebrochen war, stürzte sie viermal. Doch angesichts der anderen Ergebnisse
       des Winters wurde sie zumindest als Ersatzläuferin für Sheffield nominiert.
       
       8 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Henkel
       
       ## TAGS
       
   DIR Zagreb
       
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