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       # taz.de -- Handball in Berlin: Im Fuchsbau geht die Post ab
       
       > Die Füchse hatten mit dem dritten Platz in der Meisterschaft und guten
       > Chancen auf das Champions-League-Achtelfinale das beste Jahr ihrer
       > Vereinsgeschichte.
       
   IMG Bild: 14. Dezember: Berlins Ivan Nincevic (r) im Angriff gegen den Kieler Daniel Kubes.
       
       Bob Hanning erzählt eigentlich gerne. Von seinen Füchsen. Heute aber ist es
       auch ihm ein bisschen viel. "Ich freue mich auf fünf freie Tage", sagt er.
       Immer noch stehen drei Leute mit Mikrofonen vor ihm. Nach diesem tollen
       Jahr für die Füchse Berlin ist das kein Wunder: erfolgreichstes Jahr der
       Vereinsgeschichte, das Champions-League-Achtelfinale im Blick, in der Liga
       Zweiter nach 18 Spieltagen. "Herausragend, anders kann man das nicht
       nennen", sagt Hanning, der Manager und Macher der Füchse Berlin.
       
       Soeben hat sein Team im letzten Spiel des Jahres ein nie gefährdetes 33:21
       gegen den MT Melsungen eingefahren. "Meine einzige Sorge heute während des
       Spiels war es, ob die zu Hause neu eingebaute Garderobe auch wirklich
       hält", witzelt Hanning. Das Team der Füchse hat der hohen Belastung
       standgehalten. In drei Wettbewerben waren sie vertreten, neben Liga und
       Pokal erstmals auch in der Champions League. Seit Anfang September haben
       sie 28 Spiele bestritten, zwei pro Woche. Und stehen so gut da wie nie
       zuvor. Legten die Füchse Anfang Juni mit Rang drei bereits die beste
       Bundesliga-Saison überhaupt hin, konnten sie das bisher in der laufenden
       Hinrunde noch toppen: Lediglich der THW Kiel steht vor ihnen. Im gesamten
       Jahr gab es in der Bundesliga ganze fünf Niederlagen (bei 26 Siegen und
       drei Unentschieden).
       
       ## Ins Konzert der ganz Großen geschafft
       
       Der ungebremste Aufstieg geht weiter, ein Ende ist nicht abzusehen. Kaum
       einer zweifelt, dass sich die Füchse dauerhaft als Spitzenteam etablieren
       können. "Diesen Traum lebe ich hier jeden Tag", sagt Hanning. Schon in der
       fünften Bundesliga-Saison seit dem Aufstieg aus der zweiten Liga im Jahr
       2007 hat es das Team von Trainer Dagur Sigurdsson ins Konzert der Großen
       geschafft. Nun ist ihnen auch auf europäischer Ebene mehr zuzutrauen.
       
       Am 4. Juni im Magdeburg erreichte die Erfolgsgeschichte ihren vorläufigen
       Höhepunkt: Mit einem 30:24-Sieg in Magdeburg konnte man sich am letzten
       Spieltag der Saison Platz 3 und damit die direkte Teilnahme an der
       Champions League sichern. Das konnte angesichts der Hälfte des Etats der
       Mitkonkurrenten vom HSV Hamburg, dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen
       niemand erwarten. "Eine Saison wie die jetzige lässt sich nicht
       wiederholen", glaubte Hanning seinerzeit.
       
       Damit scheint er sich vorerst getäuscht zu haben: So wurde der
       standesgemäße Erfolg gegen den MT Melsungen vor zehn Tagen für die Fans zur
       ungebremsten Sause auf ein Jahr zum Einrahmen. Noch eine halbe Stunde nach
       Spielende kam frenetischer Applaus von den Rängen. "Die Mannschaft ist in
       sich schlüssig und hat den unbedingten Willen zum Erfolg", sagt Hanning,
       "das ist in dieser Form selten."
       
       Im polnischen Nationalspieler Bartolomiej Jaszka haben die Füchse einen
       brillanten Regisseur. Das Torhüter-Gespann um Silvio Heinevetter und Peter
       Stochl ragt ebenfalls heraus, genauso Rückraum-Ass Sven-Sören
       Christophersen. Oder der kroatische Linksaußen Ivan Nincevic - sie alle
       sind für die spektakulären Tore oder Paraden zuständig. Es sind aber gerade
       auch Spieler wie dessen Landsmann Denis Spoljaric, der im Rückraum nicht
       ganz so augenscheinlich seine Arbeit verrichtet, die dieses Team als
       Einheit funktionieren lassen.
       
       Oder Iker Romero: Der war im Sommer als Star vom großen FC Barcelona
       gekommen. Dann aber wurde er viel weniger zur zentralen Figur im
       Füchse-Spiel als gedacht. Für die Mannschaft aber sei er dennoch sehr
       wichtig, betont Hanning: "Er nimmt diese Rolle derzeit als Vollprofi an und
       unterstützt seine Mitspieler von der Bank aus mit taktischen Anweisungen.
       Einer von tausend Spielern nimmt das so hin wie er." Derzeit wird Romero
       von Coach Sigurdsson gebracht, wenn es eng wird. Sollte Romero diese Rolle
       bei den Füchsen perfektionieren, könnte er den entscheidenden Unterschied
       in den Spielen gegen die international erfahrenen Teams in der Champions
       League ausmachen.
       
       ## Vorentscheidendes Duell
       
       Dort, in der Champions League, hat man sich behaupten können. Allerdings
       hat man hier auch gleich zur Premiere mit Gegnern wie Atlético Madrid und
       Medwedi Tschechow die schwerste Gruppe erwischt. Mit einer ausgeglichenen
       Bilanz - drei Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen - steht man
       derzeit auf Platz vier. Bleibt es beim vierten Platz, stehen die Füchse im
       Achtelfinale. Am 12. Februar kommt es im "Fuchsbau" gegen Tschechow zum
       wohl vorentscheidenden Duell: Wer hier als Sieger vom Platz geht, dürfte
       ins Achtelfinale einziehen.
       
       Und wenn noch nicht jetzt, dann in den kommenden Jahren: Die Vereinspolitik
       ist nicht auf kurzfristigen Erfolg ausgelegt, sondern will auf Dauer in
       Berlin etwas aufbauen. Bei den Profis konnte man kurz vor Jahresende noch
       die Vertragsverlängerung mit dem derzeit wichtigsten Akteur, Bartolomiej
       Jaszka, vermelden. Er bleibt bis 2017.
       
       Auch die Nachwuchsarbeit der Füchse trägt so langsam Früchte. Spieler wie
       Colja Löffler oder Johannes Sellin kamen etwa über die Jugend in die erste
       Füchse-Mannschaft. In diesem Jahr wurde die A-Jugend der Füchse schon mal
       Deutscher Meister und machte es den Profis vor. Trainer hier übrigens ein
       gewisser Bob Hanning. Der aber geht nun erst mal dahin, wos gerade nicht so
       rund läuft: nach Hause, zu seiner Garderobe.
       
       3 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
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