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       # taz.de -- Sicherungsverwahrte: Ich nehm meinen, behalt deinen
       
       > Hamburg setzt bei der Unterbringung ehemaliger Sicherungsverwahrter auf
       > eine Kooperation. Doch für die anderen Nordländer ist das Angebot wenig
       > attraktiv
       
   IMG Bild: Hier, im Vorort Jenfeld sollen nach dem Willen des Hamburger Senats ehemalige Sicherungsverwahrte einziehen - doch die lehnen das ab.
       
       Hamburg taz | Angesichts der Probleme um die Unterbringung dreier
       ehemaliger Sicherungsverwahrter in Hamburg setzt Bürgermeister Olaf Scholz
       (SPD) auf eine Kooperation von ganz Norddeutschland. Scholzens Rechnung ist
       dabei folgende: Hamburg als dicht besiedelter Stadtstaat tue sich dabei
       schwer, geeignete Orte für entlassene Sicherungsverwahrte zu finden.
       Flächenländer, die über andere Kapazitäten verfügten, könnten hingegen
       Interesse daran haben, Sicherungsverwahrte in der Hamburger
       Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel unterzubringen.
       
       Doch diese Rechnung könnte an ihren diversen Konditionalen scheitern. Denn
       das Interesse der anderen Nordländer an der Aufnahme ehemaliger
       Sicherungsverwahrter aus Hamburg scheint gering. Seit Sommer beraten
       Niedersachsen (das dabei Bremen mit vertritt), Schleswig-Holstein,
       Brandenburg, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, das die Initiative dazu
       ergriffen hatte, über einen gemeinsamen Umgang mit Sicherungsverwahrten.
       
       Typisch scheint die Haltung Schleswig-Holsteins. Man habe seine
       Sicherungsverwahrten, so heißt es aus dem Justizministerium, "sehr gut"
       untergebracht. Als "finanziell angespanntes" Bundesland habe man aber ein
       Interesse daran, die durch die Gerichtsentscheidungen entstandenen neuen
       Anforderungen an Sicherungsverwahrung in einer Länderkooperation zu
       meistern.
       
       Es geht also beispielsweise um Therapieangebote oder neue Anforderungen an
       die Größe des Wohnraums. In dieser Betrachtung tauchen die entlassenen
       Sicherungsverwahrten jedoch nicht auf - und der Sprecher der Bremer
       Justizbehörde verweist zurecht darauf, dass sie sozusagen eine
       unzuverlässige Größe sind. Als freie Bürger dürfen sie ihren Wohnort frei
       wählen. Sollte sich also jemand, der aus der Sicherungsverwahrung in
       Niedersachsen oder Hamburg entlassen wird, für einen Wohnsitz in München
       entscheiden, wird eine Kooperation mit Bremen wenig nützen.
       
       Recht deutlich formuliert es der Sprecher der niedersächsischen
       Justizbehörde: "Ich könnte nicht sagen, dass wir ein Interesse daran
       hätten, entlassene Sicherungsverwahrte aus anderen Bundesländern
       aufzunehmen." Kein Wunder, denn Niedersachsen ist nicht auf eine
       Auswärts-Unterbringung seiner Sicherungsverwahrten angewiesen. Das Land
       plant gerade eine neue Justizvollzugsanstalt (JVA) in Rosdorf, wo sogar
       rund neun Plätze für Sicherungsverwahrte aus anderen Bundesländern
       vorgesehen sind.
       
       Weil Niedersachsen eher Mühe hat, die eigenen Haftplätze zu belegen, hat
       das Land gerade die Vollzugsgemeinschaft mit Bremen gekündigt. Damit ist
       die Zukunft der Bremer Sicherungsverwahrten unklar. Sicher ist, dass ab
       Ende 2012 die niedersächsischen Häftlinge, die bislang in der Bremer
       Justizvollzugsanstalt einsaßen, in Niedersachsen untergebracht werden. Im
       Gegenzug will Bremen seine langjährigen Häftlinge, die bislang in
       Niedersachsen inhaftiert waren, in der eigenen JVA unterbringen. Für die
       Sicherungsverwahrten wäre ein Neubau notwendig - aber für das klamme Bremen
       zu teuer und für die geringe Anzahl zu aufwendig. Niedersachsen hat nun
       angeboten, die Bremer Sicherungsverwahrten gegen Erstattung der Kosten
       weiterhin bei sich aufzunehmen. Noch wird verhandelt.
       
       Wenig überraschend ist die Unterbringungs auch eine Kostenfrage. Ein
       Sicherungsverwahrter soll nach niedersächsischem Angebot 400 bis 450
       Prozent des regulären Tageshaftkostensatzes kosten, bislang zahlte Bremen
       lediglich einen Aufschlag von 25 Prozent. Noch wird verhandelt.
       
       In Hamburg bleibt die Situation derweil verfahren. Inzwischen habe alle
       drei Sicherungsverwahrten, denen der Umzug nach Jenfeld angeboten wurde,
       ihre Ablehnung formuliert. Bürgermeister Scholz dagegen hat bekräftigt,
       dass es kein weiteres Angebot geben werde.
       
       2 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Gräff
       
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