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       # taz.de -- Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria: Immer wieder Anschläge
       
       > Sie ist verantwortlich für die Weihnachtsanschläge und die größte
       > Bedrohung für Nigerias Sicherheit: Die gut vernetzte islamistische
       > Terrorgruppe Boko Haram.
       
   IMG Bild: Boko Haram plante die neuen Anschläge öffentlichkeitswirksam.
       
       BERLIN/COTONOU taz | "Boko Haram" - übersetzt "Westliche Bildung ist Sünde"
       -, gegründet 2004, machte erstmals 2009 Schlagzeilen, als die nigerianische
       Polizei das Hauptquartier der radikalislamistischen Sekte in der
       nordöstlichen Millionenstadt Maiduguri stürmte. Rund 1.000 Menschen kamen
       ums Leben, auch Sektenführer Mohammed Yusuf, der in Polizeigewahrsam starb.
       Die Gruppe schwor Rache - und hat sich von einer Splittergruppe zur
       ernsthaften Bedrohung entwickelt.
       
       Das Internationale Institut für Strategische Studien London schreibt, dass
       sich Boko Haram aus 300 Kämpfern und mehreren tausend Sympathisanten
       zusammensetzt, die durch al-Qaida inspiriert seien. Einer Untersuchung des
       US-Kongresses zufolge hat die Gruppe Verbindungen zu der in Algerien, Mali
       und Niger operierenden al-Qaida im islamischen Maghreb sowie den
       Shabaab-Rebellen in Somalia.
       
       Das Ziel von Boko Haram ist es, in Nigeria einen islamischen Staat auf
       Grundlage der Scharia zu errichten. Und das, obwohl in Nigerias
       nordöstlichstem Bundesstaat Borno, in dessen Hauptstadt Maiduguri die
       Gruppe entstand, bereits vor elf Jahren die Scharia auf lokaler Ebene
       eingeführt wurde. Parallel dazu ist der Vielvölkerstaat Nigeria allerdings
       säkular verfasst.
       
       ## Mehrere Anschläge pro Woche
       
       Längst ist Boko Haram mehr als eine Ansammlung religiöser Eiferer. "Die
       Aktivitäten von Boko Haram zerstören rapide das ökonomische, soziale und
       politische Leben des Nordens", schreibt der nigerianische Blogger Iyobosa
       Uwugiaren. "Das Feuer hat sich längst von Borno aus ausgebreitet." Die
       Gruppe verübt regelmäßig mehrere Anschläge pro Woche, sogar im Herzen der
       nigerianischen Hauptstadt Abuja. Nigerias Regierung unter Präsident
       Goodluck Jonathan und die Opposition, die von muslimischen Politikern aus
       dem Norden des Landes dominiert wird, beschuldigen sich gegenseitig der
       mangelnden Entschlossenheit.
       
       Am 21. November verhaftete der Staatssicherheitsdienst erstmals einen
       nigerianischen Politiker unter dem Vorwurf der Terrorförderung: Mohammed
       Ali Ndume soll Boko Haram finanziell und logistisch unterstützt haben.
       Zugleich gehörte er bis zu seiner Festnahme zum Verhandlungsteam von
       Präsident Jonathan, das Boko Haram mehrmals vergeblich Gespräche anbot.
       
       Der Fall Ndume zeigt, dass Boko Haram längst Teil der nigerianischen
       Innenpolitik geworden ist. Ndume saß lange für die größte Oppositionspartei
       ANPP (Gesamtnigerianische Volkspartei) im Parlament, Sammelbecken der
       frustrierten Machtelite des Nordens, die sich seit der Demokratisierung
       1999 marginalisiert fühlt.
       
       Aber als die ANPP-Provinzregierung in Borno Boko Haram den Kampf ansagte,
       wechselte Ndume zur Regierungspartei PDP (Demokratische Volkspartei). Bei
       Nigerias Wahlen im April 2011 drängte die PDP in Borno den ANPP-Gouverneur
       Ali Sheriff aus dem Amt - mit den Stimmen der Jugend, die mit Boko Haram
       sympathisiert. Ndume wurde PDP-Senator. Wenn die Vorwürfe gegen ihn
       stimmen, förderte er zugleich die islamistische Terrorgruppe und die
       Regierungspartei.
       
       26 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR D. Johnson
   DIR K. Gänsler
       
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