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       # taz.de -- Fiskalunion für die Eurozone: Wachstum wird zur Nebensache
       
       > Die geplante Fiskalunion für die Eurozone setzt auf Disziplin und
       > Sanktionen. Für interessierte Nicht-Euro-Länder soll es aber viele
       > Ausnahmen geben.
       
   IMG Bild: Geht's jetzt ans Erbsenzählen in den Euroländern?
       
       BRÜSSEL/STOCKHOLM taz | Sparen, Sparen und am Ende vielleicht ein bisschen
       Wachstum: Darauf sollen sich die 17 Eurostaaten nach dem ersten Entwurf für
       die neue Fiskalunion verpflichten. Die Verhandlungen über den Text, der am
       Wochenende von Ratspräsident Herman Van Rompuy vorgelegt wurde, sollen
       bereits am Dienstag beginnen. Auch Großbritannien sei eingeladen, sich an
       den Gesprächen zu beteiligen, hieß es in Brüssel.
       
       Der britische Premier David Cameron hatte es beim EU-Gipfel vor zehn Tagen
       abgelehnt, die EU-Verträge für die Fiskalunion zu ändern. Deshalb wird der
       neue Sparclub nun außerhalb des bisherigen Rechtsrahmens in einem
       internationalen Abkommen gegründet, an dem sich neben den 17 Euroländern
       auch 9 weitere EU-Staaten beteiligen. Van Rompuy hält sich dabei eng an die
       Vorgaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
       
       Im Vordergrund sollen nach dem achtseitigen Entwurf die Budgetdisziplin und
       die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild stehen. Die
       Euroländer sollen künftig einen ausgeglichenen Haushalt anstreben und ihren
       Schuldenberg jährlich um ein Zwanzigstel abbauen. Wer gegen die Regeln
       verstößt, muss nicht nur mit einem Defizitverfahren rechnen, sondern sich
       auch strengen EU-Auflagen für Strukturreformen unterwerfen.
       
       Das für einen Schuldenabbau dringend nötige Wirtschaftswachstum wird in dem
       Projekt hingegen nur am Rande erwähnt. Wachstum soll durch Konvergenz und
       höhere Wettbewerbsfähigkeit zustande kommen, heißt es im Entwurf. Strittige
       Themen wie Eurobonds oder neue Hilfen für Krisenstaaten tauchen darin nicht
       auf.
       
       ## EU-Recht hat Vorrang
       
       Die neue Fiskalunion soll bereits im März in Kraft treten. Laut Entwurf
       reichen dafür die Unterschriften von 9 Euroländern aus. Allerdings bekommt
       die Fiskalunion wohl weniger "Biss" als von Deutschland gefordert. So heißt
       es im Entwurf, dass EU-Recht weiter Vorrang hat. Dort sind jedoch weniger
       strenge Budgetregeln vorgesehen. Außerdem sollen die 9 Nicht-Euro-Staaten
       nicht an die strengen Vorgaben gebunden sein.
       
       Die Nicht-Euro-Länder sollten mit einem Anschluss an den Pakt nur
       "Zusammenhalt demonstrieren", erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel
       Barroso am Samstag in einem Interview mit dänischen Zeitungen. "Weder
       Beschlüsse darüber, wann Sanktionen in Kraft treten, noch solche Sanktionen
       selbst werden Länder außerhalb der Eurozone umfassen", zitierte die
       Kopenhagener Politiken ein Kabinettsmitglied von EU-Präsident Herman Van
       Rompuy: "Das lässt der EU-Vertrag nicht zu."
       
       Damit wären die Nicht-Euro-Staaten aus dem Schneider, die entweder die
       Beitrittsvoraussetzungen nicht erfüllen oder deren Beitritt - wie der
       Schwedens - an einer Volksabstimmung gescheitert war. Auch Dänemark, das
       2012 den EU-Ratsvorsitz übernimmt, müsste keine Volksabstimmung mehr
       fürchten. Das sehen dänische EU-Kritiker auch so und fordern auf jeden Fall
       eine Volksabstimmung.
       
       "Wenn sich Dänemark auch nur irgendwie bindet, muss das Volk befragt
       werden", sagt Nikolaj Willumsen, europapolitischer Sprecher der linken
       Einheitsliste. Auch die Dänische Volkspartei will ein Referendum in dem
       skandinavischen Land: "Wir haben gegen den Euro gestimmt, weil wir eine
       gemeinsame Finanzpolitik ja gerade nicht wollen."
       
       18 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR E. Bonse
   DIR R. Wolff
       
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