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       # taz.de -- Adblock Plus: Werbeblocker ist nicht ganz dicht
       
       > Adblock Plus befreit Webseiten von lästiger Online-Werbung. Nun lassen
       > die Entwickler "akzeptable" Werbung durch. Die Community ist nicht
       > erfreut.
       
   IMG Bild: Offline lässt sie sich nicht ausblenden: Werbung in Guatemala.
       
       Manchmal ist Erfolg beunruhigend. Mit seinem Versprechen, das Netz komplett
       von Werbung zu befreien, ist [1][Adblock Plus] zur beliebtesten Erweiterung
       für den Browser Firefox geworden.
       
       Nach eigenen Angaben hat das Projekt derzeit über 15 Millionen Nutzer.
       Gerade wer viel im Netz unterwegs ist, setzt den Werbeblocker ein. Das hat
       Folgen: "Betreiber von Websites haben uns gemeldet, dass teilweise 50 bis
       60 Prozent der Werbeeinnahmen wegfallen, weil so viele Nutzer Adblock Plus
       benutzen", erklärt Projektmitarbeiter Till Faida.
       
       Das stellte die Entwickler vor eine Gewissensfrage: Eigentlich wollten sie
       mit ihrem Programm das Web besser machen. Für die Nutzer des Programms
       klappte das bisher recht gut: Sie sahen immer weniger bis gar keine
       nervende Werbung mehr, Webseiten laden schneller und die Informationen
       stehen wieder im Vordergrund.
       
       Internet-Surfer ohne Werbeblocker werden hingegen werden mittlerweile auf
       vielen Seiten von einer immer aberwitziger erscheinenden Flut von
       blinkenden Bannern, tönenenden Flash-Filmen oder aufdringlichen Filmen
       belästigt, die sich über die Inhalte legen.
       
       ## "Acceptable Ads"
       
       Leidtragenden sind Webangebote mit einer Kundschaft, die ihre Kunden nicht
       bis zum Überdruss mit Werbung belästigen wollen. "Wenn diese kostenfreien
       Angebote wegfallen, würde das Web davon nicht besser", sagt Faida.
       
       Die vermeintliche Lösung für das Problem heißt [2]["Acceptable Ads"]. Die
       Entwickler von Adblock Plus haben mehrere Kriterien ersonnen, die gute von
       schlechter Werbung unterscheiden soll: Werbung soll nicht blinken oder Töne
       von sich geben, sie soll Webseiten nicht mit Scripten verstopfen und so die
       Ladegeschwindigkeit behindern. Am besten sind reine Textanzeigen, die den
       Nutzer mit Inhalten und nicht mit aufmerksamkeitsheischenden Effekten zu
       überzeugen versuchen.
       
       Damit die Werbetreibenden einen Anreiz haben, sich an diese Kriterien zu
       halten, werden diese nicht-nervenden Werbeformen in Zukunft durch den
       Werbefilter hindurchgeschleust – es sei denn, der Nutzer schaltet diese
       Funktion ab. In dieser Woche startete Adblock Plus einen ersten Testlauf
       mit drei Angeboten: den Online-Technikmagazinen T3n und Netzwelt und den
       Werbeseiten des Domainhändlers Sedo.
       
       ## "Von der Werbewirtschaft kaufen lassen"
       
       Doch der Aufschrei der Adblock Plus-Community ist enorm. "Der einzige
       Grund, dass ihr diese Funktion eingebaut habt, ist Geld", [3][beklagt sich
       ein Nutzer im Forum des Projekts.] "Ihr habt Euch von der Werbewirtschaft
       kaufen lassen." Viele Nutzer haben in den letzten Jahren eine absolute
       Verweigerungs-Haltung gegen Online-Werbung eingenommen. Dass jemand in
       Werbung etwas Gutes oder Notwendiges sehen kann, erscheint ihnen abwegig.
       
       "Wir werden niemals Werbung frei schalten, nur weil wir dafür bezahlt
       werden", versichert Faida. Das Projekt finanziert sich derzeit über
       Spendeneinnahmen, möchte sich mittelfristig über Lizenzeinnahmen für die
       Werbeblocker-Technik finanzieren. Ganz ausschließen kann Faida aber nicht,
       dass auch die Werbetreibenden in Zukunft einen Beitrag zahlen sollen, wenn
       die Pflege der Ausnahmeliste zu viele Ressourcen verschlingt.
       
       Denn der Werbefilter kann nicht automatisch zwischen nervender und
       nicht-nervender Werbung unterscheiden. Dies müssen Menschen für ihn machen.
       So werden nur bestimmte Werbeplätze auf der Ausnahmeliste zugelassen, wenn
       die Betreiber versichern, dass dort keine Werbung erscheint, die gegen die
       Regeln verstößt.
       
       ## Ausgerechnet Sedo
       
       Dass die Entwickler von Adblock Plus ausgerechnet die Seiten des
       Domainhändlers Sedo in ihren ersten Feldversuch aufgenommen haben, kommt
       bei den Adblock-Nutzern nicht gut an. Der Dienstleister platziert auf
       ungenutzten Seiten haufenweise Werbung, um auch ohne eigenen Inhalte
       Gewinne machen zu können. Für die Internetsurfer, die auf solche
       Platzhalterseiten kommen, ist das oft nervig. Die von Adblock plus
       ersonnenen Regeln nicht-nervender Werbung hält Sedo jedoch ein.
       
       Wenn das Experiment gelingen soll, müssen die Entwickler von Adblock Plus
       gleich zweifach Ausdauer beweisen. Zum einen müssen sie die eigenen
       Community überzeugen, dass der Ausnahmefilter keine Kapitulation vor der
       Werbeindustrie ist. Auf der anderen Seite müssen sie die Werbetreibenden
       überzeugen, dass es Sinn macht, auf laute und tönende Werbung zu
       verzichten. Welches die größere Herausforderung ist, ist heute noch nicht
       abzusehen.
       
       16 Dec 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://adblockplus.org/en/acceptable-ads
   DIR [2] http://adblockplus.org/en/acceptable-ads
   DIR [3] http://adblockplus.org/forum/viewtopic.php?f=4&t=7551
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
       
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