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       # taz.de -- Molotow-Cocktail geworfen: Anschlag auf Pastorenhaus
       
       > Auf das Haus eines Nazi-Gegners aus dem Kreis Celle ist ein Brandanschlag
       > verübt worden. Der Theologe fand eine zerbrochene Flasche mit Zündschnur
       > und Brandspuren.
       
   IMG Bild: Der Ort des Anschlags: Am Donnerstag entdeckte der Pastor diese Brandspuren an seiner Hauswand.
       
       HAMBURG taz | Der Schock ist Pastor Wilfried Manneke aus der
       niedersächsischen Gemeinde Unterlüß anzumerken. In der Nacht von Mittwoch
       auf Donnerstag warfen Unbekannte einen Molotowcocktail an das Haus in dem
       der evangelische Pastor wohnt. Der Schaden an dem Pfarrgebäude im Landkreis
       ist zwar nicht groß, Mannekes Schrecken jedoch schon. "An der Wand sind
       Brandspuren zu sehen", sagt er mit bebender Stimme. Seit Jahren engagiert
       Manneke sich gegen die rechte Szene in der Region Celle. Der Verdacht liegt
       nahe, dass die Tat aus diesem Spektrum verübt wurde.
       
       Am Donnerstagmorgen hatte der 58-Jährige die Spuren des Brandanschlages an
       seinem Haus entdeckt. Außerdem fand er eine zerbrochene Flasche mit einer
       Zündschnur auf seinem Grundstück. Die Isolierung des Gebäudes verhinderte
       wohl, dass die Wand Feuer fing, sagt Manneke. "Die Täter haben in Kauf
       genommen, dass bei dem Anschlag jemand sterben könnte", sagt der in der
       Gemeinde geschätzte Geistliche.
       
       ## Kein Bekennerschreiben
       
       Ein Bekennerschreiben ist bis Donnerstagnachmittag nicht aufgetaucht. An
       dem Pfarrgelände haben die Täter auch keine szenetypischen Codes
       hinterlassen. Manneke wundert das nicht. In den vergangenen Jahren hat er
       mit der kirchlichen Gemeinde und antifaschistischen Bündnissen
       Veranstaltungen und Schulungen zum Thema Rechtsextremismus ausgerichtet. Er
       weiß, dass die rechten Täter bei ihren Brandanschlägen keine
       Bekennerschreiben hinterlassen. Brandsatz werfen oder legen, dann schnell
       weg. In der Nacht hat er auch nicht gehört, wie die Täter kamen und
       unerkannt entkamen.
       
       Seit neun Uhr morgens ist die Polizei vor Ort, sucht Spuren, sichert
       Beweismaterial. "Der Staatsschutz ist auch gleich gekommen", sagt Manneke.
       Im September 1995 trat er das Amt des Gemeindepfarrers in der
       evangelisch-lutherischen Friedenskirche an - und begann sich vor Ort gegen
       Rechts zu engagieren. Für ihn Teil seines Glaubensverständnisses, den
       Feinden der Menschlichkeit entgegenzutreten. Und immer offen zu sein für
       jene, die sich verirrten, wie er sagt.
       
       ## Hetze gegen den Pastor
       
       Im Konfirmationsunterricht bemühte er sich, auch rechtsinteressierte
       Jugendliche wiederzugewinnen. Er lud einen Aussteiger, der wegen eines
       Tötungsdeliktes in Haft war, für eine interne Veranstaltung mit den
       Konfirmanden ein. "Wir müssen uns der Auseinandersetzung mit dem
       Rechtsextremismus stellen", wird er auch nach dem Schock über den Anschlag
       nicht müde zu sagen. Wer ihn erlebt hat, bei Tagungen oder Kundgebungen,
       weiß, das sind keine Floskeln. In Südafrika, wo er zwölf Jahre als
       Auslandspfarrer für die evangelische Kirche lebte, hat er die Auswirkungen
       der Apartheid erlebt.
       
       Sein Engagement blieb nicht unbemerkt. Auf ihrer Website hetzten die
       "Freien Kräfte Celle" gerade gegen eine andere Aktion, an der sich Manneke
       beteiligt. Am Samstag ruft ein Bündnis von Kirchen, Parteien,
       Gewerkschaften und Antifa-Initiativen gegen eine rechte Veranstaltung im
       nahen Eschede auf. Mit dabei: Manneke. Auf dem Hof des NPD-Freundes Joachim
       Najtz will die rechte Szene ihre diesjährige Wintersonnenwendfeier
       durchführen.
       
       Seit Jahren finden auf dem etwas heruntergekommenen Hof Erntedank- und
       Sonnenwendfeiern statt. Neben den "Freien Kräften Celle" planen auch die
       "Snevern Jungs" und die "Düütschen Deerns" die vermeintlich ureigene
       Brauchtumspflege. NPD-Kader wurden dort ebenfalls gesehen.
       
       ## Weiterer Anschlag
       
       Die Initiative "Kirche für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus" der
       evangelischen Landeskirche vermutet die Täter ebenfalls aus der rechten
       Szene. In der Vergangenheit habe es "Vorfälle mit rechtsextremem
       Hintergrund rund um das Pfarrhaus gegeben", sagen Pastor Klaus J.
       Burckhardt und Pastor Jürgen Schare von der Initiative. "Bei dieser
       verabscheuungswürdigen Tat wurden bewusst Menschenleben aufs Spiel gesetzt.
       Sie stellt eine klare Provokation für alle dar, die sich gegen
       Rechtsextremismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
       engagieren", schreiben sie in einer Erklärung.
       
       In der Nacht verübten Unbekannte auch einen weiteren Brandanschlag. An das
       Haus von Anna J. und Klaus J. flog ebenfalls ein Molotow-Cocktail. Seit
       Jahren engagieren auch sie sich in der Region gegen Rechts. Als vor zwei
       Jahren der verstorbene Neonazianwalt Jürgen Rieger in Faßberg eine
       Hotelanlage kaufen wollte, initiierten die beiden vor Ort den Protest.
       
       Erkenntnisse zu den laufenden Ermittlungen konnte Guido Koch, Sprecher der
       Polizei Celle noch nicht mitteilen. "Das ist zu früh. Wir ermitteln in alle
       Richtungen." Die versuchten Anschläge mit Molotow-Cocktails hätten eine
       neue Qualität. "So was in der Art hatten wir hier noch nicht", sagte Koch.
       
       15 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
   DIR Andreas Speit
       
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   DIR Anti-Rassismus
       
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