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       # taz.de -- Software von Carrier IQ: Behörden beschnüffeln Schnüffel-Tool
       
       > Der Code der Firma befindet sich unbemerkt in Millionen Handys: Das
       > umstrittene Softwareunternehmen Carrier IQ wird derzeit in den USA von
       > zwei Behörden überprüft.
       
   IMG Bild: Nicht nur für den Käufer nützlich: Smartphones.
       
       Ist das ein Qualitätssicherungssystem oder schlicht ein Spionageprogramm?
       An der Software des US-Unternehmens Carrier IQ scheiden sich weiterhin die
       Geister.
       
       Der Code, der auf zahllosen Smartphones etwa von HTC, Samsung und bis vor
       kurzem auch Apple lief, hat je nach Betriebssystem und Konfiguration die
       Möglichkeit, Tastenanschläge auf den Geräten aufzuzeichnen, SMS- und
       Telefonverbindungen zu protokollieren und einige Tracking genannte
       Datenspeicherungen mehr.
       
       Sinn der Technik ist es eigentlich, Mobilfunkbetreibern zu helfen, Probleme
       in ihren Netzen festzustellen - so heißt es zumindest. Der Kundenservice
       wisse sofort, welches Problem der Nutzer habe, wirbt Carrier IQ. Doch die
       versteckte Software, die erstmals der [1][Hacker Trevor Eckhart] einer
       breiten Öffentlichkeit bekannt machte, könnte auch zu problematischen
       Zwecken genutzt werden.
       
       In den USA untersucht deshalb nun sowohl die Kommunikationsbehörde FCC als
       auch die Handelsaufsicht FTC das Gebaren von Carrier IQ und seinen Kunden,
       den Mobilfunknetzbetreibern. So wurden Manager der Firma Anfang der Woche
       in Washington vorstellig, wie die Washington Post [2][berichtet.] Bei
       Carrier iQ gab man sich gelassen: Man kooperiere mit den Bundesbehörden.
       Man habe "nichts zu verstecken", so eine Sprecherin, "wir blieben in diesem
       gesamten Prozess bislang stets transparent".
       
       Nach Angaben von Carrier IQ gegenüber dem Technik-Nachrichtendienst
       AllThingsD ist die Untersuchung "freiwillig". Man habe selbst Kontakt zu
       FCC und FTC gesucht, um die beiden Behörden über die Funktionen der
       Software aufzuklären "und jede mögliche Frage" zu beantworten. Was
       freiwillig sein soll, ist aber mindestens prophylaktisch: Der
       US-Kongressabgeordnete Edward J. Markey, Co-Vorsitzender des
       Datenschutz-Gremiums, hatte die FTC aufgefordert, sich des Falls
       anzunehmen.
       
       ## Zusammenarbeit mit Polizei?
       
       Eine Verbindung zwischen Carrier IQ und den US-Behörden könnte es aber auch
       schon auf anderer Ebene geben. Die investigative Plattform MuckRock hatte
       [3][eine Anfrage] an die Bundespolizei FBI nach dem
       US-Informationsfreiheitsgesetz gestellt, um herauszubekommen, ob Polizisten
       Carrier-IQ-Daten in Strafverfolgungsdingen einsetzen.
       
       Die Antwort war vieldeutig: "Das nachgefragte Material befindet sich in
       einer Untersuchungsakte, die von der Offenlegung freigestellt ist", so die
       FBI-Anwälte in einem Brief. Diese Informationen hätten mit laufenden
       Untersuchungen zu tun. Die Offenlegung könne demzufolge "die
       Strafverfolgung behindern". Ob das wirklich heißt, dass sich das FBI an den
       Daten bedient, bleibt allerdings unbestätigt.
       
       Carrier IQ droht unterdessen rechtlicher Ärger von ziviler Seite. Acht
       Firmen - neben Carrier IQ auch Handy-Hersteller und Netzbetreiber - sollen
       im Rahmen einer Sammelklage belangt werden. Dabei geht es um einen Verstoß
       gegen Abhör- und Datenschutzgesetze der USA. Zwei weitere ähnliche Klagen
       sind ebenfalls geplant oder bereits eingereicht.
       
       ## Was Carrier IQ über Kunden weiß
       
       [4][In einem Erklärpapier] versucht die Firma, Kunden von der Nützlichkeit
       ihrer Software zu überzeugen. Das gelingt allerdings nur bedingt. So nennt
       Carrier IQ mehrere Beispiele, in denen der versteckte Code Kunden helfen
       soll - doch sie haben durchaus Gruselfaktor.
       
       Ruft ein Kunde beispielsweise bei der Hotline seines Providers an, um zu
       erfahren, warum seine Batterie nur drei Stunden hält und das Telefon
       dauernd abstürzt, soll der Kundenberater ihm berichten können, dass er doch
       gerade App XYZ installiert habe, die dies verursache. Bei der Frage nach
       der Netzabdeckung auf einer Autobahn kann der Kundenberater dem Kunden
       genau sagen, dass sein Fahrzeug zwischen Ausfahrt 34 und 35 das Signal
       verloren habe - er hat also Informationen über Bewegungsdaten, zumindest im
       groben Maßstab.
       
       Im weiteren Verlauf des Papiers nennt Carrier IQ noch andere erstaunliche
       Möglichkeiten, etwa das Mitloggen von angesurften URLs und Telefonnummern.
       Den Netzbetreibern steht frei, diese Daten zu verwenden. Tatsächlich tun
       sie das teilweise schon jetzt. So [5][erlaubt sich] ein großer
       US-Mobilfunkanbieter mittels Datenschutzrichtlinien, Surfsitzungen zu
       protokollieren und diese Daten sogar zu Marktforschungszwecken mit anderen
       Firmen zu teilen.
       
       15 Dec 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://androidsecuritytest.com/features/logs-and-services/loggers/carrieriq/
   DIR [2] http://www.washingtonpost.com/business/economy/feds-probing-carrier-iq/2011/12/14/gIQA9nCEuO_story.html
   DIR [3] http://www.muckrock.com/news/archives/2011/dec/12/fbi-carrier-iq-files-used-law-enforcement-purposes/
   DIR [4] http://tinyurl.com/cjxosys
   DIR [5] http://www.huffingtonpost.com/2011/10/13/verizon-privacy-changes_n_1009415.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Schwan
       
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