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       # taz.de -- Bundesanwaltschaft zu Rechtsterrorismus: "Erhalt der deutschen Nation"
       
       > Der Nationalsozialistische Untergrund benannte früh das Motiv für Morde
       > und Anschläge. Die Bundesanwaltschaft will nun ihre Zuständigkeit
       > ausweiten.
       
   IMG Bild: In frühen Filmen der NSU wurden noch mehr Morde angedeutet.
       
       KARLSRUHE taz | Die Neonazi-Terrorgruppe NSU plante von Anfang an eine
       ganze Serie von rassistischen Morden. Das schließt die Bundesanwaltschaft
       aus frühen Bekennervideos, die bereits im Jahr 2001 erstellt wurden. Auch
       der Name Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) stand damals schon fest.
       
       Die beiden mehrminütigen Videos wurden auf einem Computer im halb
       abgebrannten Zwickauer Wohnhaus des Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und
       Beate Zschäpe gefunden. Sie stammen von März respektive Oktober 2001.
       
       Im ersten Video werden die beiden bis dahin begangen Taten thematisiert, im
       zweiten Video sind es schon vier Morde und ein Sprengstoffanschlag. Das
       zweite Video zeigt ein Tableau mit 14 Rechtecken, das wegen der braunen
       Farbe an eine Tafel Schokolade erinnert. Jedes Rechteck steht für einen
       Anschlag, wobei sie nacheinander aufblinken und dann Foto- und
       Videomaterial zum jeweiligen Verbrechen zu sehen ist. So beschrieb Rainer
       Griesbaum, der oberste Terrorfahnder in der Bundesanwaltschaft, gestern das
       Video in einer Pressekonferenz.
       
       Die neun noch unbenutzten Rechtecke sieht er als Ankündigung neuer Taten -
       wobei aber auch diese frühen Videos wohl nicht veröffentlicht wurden. Im
       Unterschied zur bisher bekannten letzten Fassung des Videos von 2007 sind
       die frühen Versionen noch aggressiver.
       
       Es wird Musik der Rechtsrock-Band "Noie Werte" gespielt (unter anderem "Am
       Puls der Zeit"). Und am Ende jeder Anschlagssequenz wird ein Satz
       eingeblendet wie "Enver Simsek ist nun klar, wie ernst uns der Erhalt der
       deutschen Nation ist", wobei jeweils der Name des Opfers ausgewechselt
       wird. Auch die Figur Paulchen Panther fehlt.
       
       ## Bundesanwaltschaft geht von drei Mitgliedern der Terrorgruppe aus
       
       Dass sich das Zwickauer Trio durchgehend den Namen "NSU" gab, erhöht die
       Wahrscheinlichkeit, dass die Gruppe als eine auf Dauer angelegte, fest
       strukturierte "terroristische Vereinigung" eingestuft wird.
       
       Griesbaum wies Spekulationen aus der Süddeutschen Zeitung zurück, dass die
       inhaftierte Beate Zschäpe möglicherweise gar nicht als Terroristin
       angeklagt und verurteilt werden kann. "Derzeit gilt sie als Mitglied der
       terroristischen Vereinigung NSU", betonte Griesbaum, und es werde zudem
       untersucht, ob sie auch Mittäterin der Morde war. Dann droht ihr sogar eine
       lebenslange Freiheitsstrafe.
       
       Die Bundesanwaltschaft geht weiter davon aus, dass die NSU-Gruppe nur drei
       Mitglieder hatte: Zschäpe und die beiden Männer, die sich Anfang November
       in einem Wohnmobil töteten. Sie sollen acht Kleingewerbler ausländischer
       Herkunft und eine Polizistin ermordet haben sowie zwei Sprengstoffanschläge
       und 14 Banküberfälle begangen haben.
       
       ## Das "Netzwerk" der Gruppe
       
       Vier potenzielle Unterstützter (Holger G., André E., Matthias D. und Ralf
       Wohlleben) sind in U-Haft. Gegen zwei weitere Personen (Mandy S. und Max
       Florian B.) läuft ein Ermittlungsverfahren. Außerdem werden zwölf weitere
       Personen zum "Netzwerk" der Gruppe gerechnet und derzeit genau überprüft.
       
       Griesbaum deutete an, dass nach Auswertung der Ermittlungen auch über
       erweiterte Kompetenzen der Bundesanwaltschaft gesprochen werden soll.
       Bisher ist der Generalbundesanwalt für Terrorismus und andere
       Staatsschutzdelikte zuständig, wenn der Fall eine "besondere Bedeutung"
       hat, zum Beispiel die innere Sicherheit Deutschlands gefährdet war.
       
       Da diese Hürde recht hoch ist, werden viele Staatsschutzdelikte derzeit von
       den Staatsanwaltschaften der Länder behandelt. Griesbaum hält es deshalb
       für sinnvoll, wenn die Bundesanwaltschaft auch bei allen
       "länderübergreifenden" Staatsschutzdelikten zuständig ist. Ob eine frühe
       Karlsruher Zuständigkeit aber im Fall der NSU-Mordserie etwas genutzt
       hätte, ließ er offen.
       
       14 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
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