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       # taz.de -- Opfer der Zwangsprostitution in Japan: Der eintausendste Protest
       
       > Ehemalige koreanische Zwangsprostituierte der japanischen Armee
       > protestieren zum 1.000. Mal gegen Tokios Vertuschungs-Politik - und
       > halbherzige Entschuldigungen.
       
   IMG Bild: Mittwochsdemo: Frühere Zwangsprostitutierte und ihre UnterstützerInnen vor Japans Botschaft in Seoul im Oktober 2011.
       
       BERLIN taz | Ehemalige Zwangsprostituierte und ihre UnterstützerInnen
       wollen am Mittwoch wieder um 12 Uhr vor der japanischen Botschaft in Seoul
       demonstrieren. Aus Anlass des 1.000. Protests seit dem ersten im Januar
       1992 soll jetzt symbolisch ein Denkmal für die auf 200.000 geschätzten
       Opfer errichtet werden. Dies waren mehrheitlich Koreanerinnen, die von
       Japans kaiserlicher Armee von 1931 bis 1945 in Truppenbordellen zur
       Prostitution gezwungen wurden.
       
       Laut einem südkoreanischen Medienbericht drängte Japans Botschaft
       vergeblich Südkoreas Regierung, das Denkmal zu verhindern. Dies und das
       Jubiläum dürften dafür sorgen, dass der Protest größer wird als in den
       letzten Jahren. An der kontinuierlichsten Demo der Welt nahmen zuletzt nur
       noch wenige Frauen teil. Die bekannten überlebenden Opfer, noch sind es 63,
       werden älter und gebrechlicher.
       
       Einige der in Südkorea liebevoll Halmoni ("Großmütterchen") genannten
       Frauen sagten, dies sei ihr letzter Protest. Andere wollen weiter für eine
       offizielle Entschuldigung, staatliche Entschädigung, ein offizielles
       Denkmal, die Verurteilung der Verantwortlichen sowie für eine kritische
       Würdigung in japanischen Schulbüchern kämpfen.
       
       "Ich möchte weiter kämpfen und demonstrieren, weil dies die einzige Sache
       ist, die hilft", sagte die 87-jährige Pak Ok-Seon dem Korea Herald.
       
       ## Opfer gingen erstmals 1991 an die Öffentlichkeit
       
       Die systematische Zwangsprostitution in japanischen Truppen im Pazifikkrieg
       und seinen Vorläufern wurde erst 1991 einer breiteren Öffentlichkeit
       bekannt. Damals outete sich erstmals eine mutige Koreanerin als Opfer.
       
       Japan hatte nach 1945 die meisten entsprechenden Spuren aus seinen Archiven
       gelöscht; die Frauen schwiegen jahrzehntelang aus Scham. Erst ab 1991
       meldeten sich in Ländern Ost- und Südostasiens, die von Japan besetzt
       worden waren, Hunderte Opfer.
       
       Die Regierung in Tokio wies zunächst alle Schuld von sich, musste dann aber
       wegen erdrückender Beweise die zentrale Rolle seiner früheren Armee
       einräumen. Später entschuldigte sich die Regierung halbherzig, organisierte
       einen privaten Entschädigungsfonds und spielte ansonsten das Thema
       herunter.
       
       Japan argumentiert gegenüber Südkorea, alles sei 1965 zusammen mit anderen
       bilateralen Fragen der Kolonial- und Kriegszeit abschließend vertraglich
       geregelt worden. Doch damals wurde die Zwangsprostitution weder erwähnt,
       noch war sie öffentlich bekannt.
       
       ## Gegen Japans konservativen Mainstream
       
       Im Jahr 2000 führten japanische und koreanische Frauengruppen in Tokio ein
       Tribunal durch, das Kaiser Hirohito symbolisch schuldig sprach. Japanische
       Medien ignorierten überwiegend die ungewöhnliche Veranstaltung.
       
       Auch acht Versuche der Kommunistischen Partei Japans, im Parlament eine
       Resolution zugunsten der Opfer einzubringen, scheiterten am konservativen
       Mainstream. Japans Rechtsradikale leugnen die Verbrechen an den Frauen bis
       heute. Nach einer südkoreanischen Umfrage gehört das Thema zu den drei
       größten Problemen im Verhältnis zwischen Japan und Südkorea.
       
       Aus Anlass der 1.000. Demo rufen für heute Frauen in vielen Ländern zu
       Protesten vor Japans Vertretungen auf. Eine Anerkennung der Überlebenden
       wäre "ein Zeichen gegen ähnliche Verbrechen", erklärte etwa die Japanische
       Fraueninitiative Berlin in ihrem Aufruf.
       
       14 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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