URI: 
       # taz.de -- FDP-Politiker Lindner zur Euro-Rettung: "Frank Schäffler bietet keine Lösung"
       
       > Bald endet der FDP-Mitgliederentscheid zur Euro-Rettung und nur wenige
       > Liberale machen mit. Generalsekretär Lindner wertet das als Zustimmung
       > für die Parteiführung.
       
   IMG Bild: Der liberale Euro-Rebell Schäffler bekommt wenig Unterstützung für seinen Mitgliederentscheid.
       
       taz: Herr Lindner, kommenden Dienstag endet der FDP-Mitgliederentscheid.
       Die Kreisverbände haben dazu 160 Veranstaltungen organisiert, bei wie
       vielen sind Sie selbst aufgetreten? 
       
       Christian Lindner: Jetzt im Herbst hatte ich 19 Veranstaltungen mit unserer
       Parteibasis. Wir hatten ja auch Grundsatzwerkstätten und anderes mehr.
       
       Hatten Sie den Eindruck, die Mitglieder zu überzeugen? 
       
       Ja. Viele Besucher kommen mit einer intuitiven Nähe zu Frank Schäfflers
       Position, gehen dann aber mit Verständnis für unsere verantwortliche
       Politik. Das Management der Schuldenkrise ist ja auch komplex: gefühlt zwei
       Schritte vor, einen Schritt zurück. Die wirklichen Alternativen stehen
       dabei innerhalb der FDP gar nicht zur Abstimmung. Das sind ein
       marktwirtschaftlich-wettbewerbliches Europa einerseits, eine zentral
       gelenkte Wirtschaftspolitik aus Brüssel mit Einheitszinsen andererseits.
       Alle in der FDP wollen eine Stabilitätsunion. Frank Schäffler lenkt von der
       Auseinandersetzung ab, die die Koalition mit den Parteien links der Mitte
       zu führen hat.
       
       Gab es auch mal richtig Krach? 
       
       Die Veranstaltungen sind zum Teil herzhaft. In München waren vergangene
       Woche 400 Leute, da gab es auch Szenenapplaus. Für beide Seiten übrigens.
       Mich hat aber beschwert, dass Besucher, die Fragen hatten, mitunter von
       einem bestimmten Teil des Publikums ausgebuht wurden. Ein Teil der Anhänger
       von Frank Schäffler pflegt nicht den Umgang, der bei uns sonst üblich ist.
       
       Schäffler möchte, dass die FDP-Abgeordneten gegen den Rettungsschirm ESM
       stimmen. Den Antrag des Bundesvorstands nennt er "Lyrik", einen "Freibrief
       für die Parteiführung". Kränkt Sie das? 
       
       Das, was er da sagt, gehört zum Meinungsspektrum einer Partei. In der SPD
       gibt es ja auch einen Otmar Schreiner. Frank Schäffler muss sich umgekehrt
       von uns anhören, dass er keine Lösung anbietet. Er vertritt zwar
       Prinzipien, die wir teilen, aber er bleibt bei diesen Prinzipien einfach
       stehen - neben einer Krise, der wir nun mal nicht entfliehen können, weil
       es unter Rot-Grün ordnungspolitische Sündenfälle gegeben hat. Mit einem
       schlichten Nein macht er es sich zu einfach.
       
       Ich wundere mich eher über einen Teil von Franks Unterstützern. Die
       sprechen nicht mehr von EU, sondern wegen angeblicher Demokratiedefizite
       ernsthaft von einer EUdSSR. Einer der Initiatoren trat auch einmal für die
       merkwürdige Libertas-Partei in Erscheinung, die gegen den Lissabon-Vertrag
       polemisiert hat. Die FDP hat immer für das europäische Deutschland
       gekämpft. Diese Tradition der FDP werden wir nicht räumen.
       
       Rund 15.000 Mitglieder haben bisher abgestimmt, 21.500 müssten für das
       Quorum zusammenkommen. Woher rührt nach so aufgebrachten Debatten dieses
       Desinteresse? 
       
       Es kann eine bewusste Entscheidung sein, sich nicht zu beteiligen.
       Möglicherweise hält ein Großteil der Mitglieder es nicht für erforderlich,
       den Kurs der FDP in der Europafrage zu korrigieren.
       
       Wie wichtig erscheint Ihnen selbst denn überhaupt noch der
       Mitgliederentscheid? 
       
       Die Debatte über Europa ist und bleibt wichtig. Wir sind die einzige
       Partei, die darüber mit den Bürgerinnen und Bürgern spricht. Wir schauen
       jetzt auf den EU-Gipfel, der hoffentlich weitere Schritte zur
       Stabilitätsunion bringt. Außerdem liegt alles, was im Bundestag zu
       entscheiden ist, in der ganz individuellen Freiheit des einzelnen
       Abgeordneten. Das beste Beispiel dafür, dass es kein imperatives Mandat
       gibt, ist ja Frank Schäffler selbst. Er hat sich an keinen einzigen
       Parteitagsbeschluss zu diesem Thema gehalten.
       
       Auf der Website von Schäfflers Initiative ist von nicht zugestellten
       Wahlunterlagen die Rede, in seinem Wahlkreis hätten 15 Prozent der
       Mitglieder keine erhalten. Was läuft da schief? 
       
       Wenn es so wäre, dann wäre die Adresskartei seiner Parteigliederung nicht
       in Ordnung. Wer keine Unterlagen bekommen oder sie verloren hat, kann eine
       erneute Zustellung veranlassen. So einfach ist das.
       
       Auf den Veranstaltungen sind kaum FDP-Frauen aufgetreten. Ist der ESM ein
       Jungsthema? 
       
       Die Präsidiumsmitglieder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Elke Hoff,
       Nicola Beer und Birgit Homburger haben sich intensiv eingebracht. Das muss
       nicht immer nur auf Podien erfolgen, sondern auch in der Öffentlichkeit
       oder im persönlichen Kontakt.
       
       9 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Linders überraschender Abgang: "Das ist eine Führungskrise"
       
       In der FDP herrscht Konfusion. Erst trat ganz überraschend der
       Generalsekretär zurück. Und dann stand ganz schnell auch schon der
       Nachfolger fest.
       
   DIR Porträt Christian Lindner: Der Spieler
       
       Er war die letzte Hoffnung der FDP. Der überraschende Rücktritt des jungen
       Generalsekretärs beendet die Krise der Partei nicht, er vergrößert sie.
       
   DIR Überraschung bei der FDP: Lindner tritt zurück
       
       FDP-Generalsekretär Christian Lindner ist überraschend von seinem Amt
       zurückgetreten. Er wolle eine neue "Dynamik" ermöglichen, sagte er in
       Berlin in einer knappen Erklärung.
       
   DIR Kommentar FDP-Basisentscheid: Ein Sieg mit Pferdefüßen
       
       Der Sieg ist ein vergifteter. Selbst wenn der Basis-Entscheid formal am
       Quorum scheitert, wird die FDP weiter unter der europäischen Krise leiden.
       Sie bleibt tief gespalten.
       
   DIR FDP stimmt über Eurorettung ab: Dienstag, der Dreizehnte
       
       Am Dienstag endet die Frist für den FDP-Mitgliederentscheid zum ESM. Nicht
       genügend Liberale werden abstimmen. Die Stimmung ist gereizt.
       
   DIR Expertengremium auf Koalitionskurs: FDP will Umweltrat kontrollieren
       
       Realpolitik Marke FDP: In einem internen Papier beschreiben die Liberalen,
       wie sie den Sachverständigenrat für Umweltfragen unter Regierungskontrolle
       bringen wollen.
       
   DIR FDP diskutiert Euro-Rettungsschirm: Wenig Interesse am Mitgliederentscheid
       
       Der FDP-Mitgliederentscheid wird wahrscheinlich die Mindestzahl von Stimmen
       verfehlen. Die Parteispitze ist sich sicher, dass der jetzige FPD-Kurs
       erhalten bleibt.
       
   DIR Euro-Rebellen der FDP: Post von der Parteibasis
       
       Frank Schäffler hat die gesammelten Unterschriften für den FDP-
       Mitgliederentscheid abgegeben. Generalsekretär Lindner kündigt einen
       Gegenvorschlag der Parteispitze an.
       
   DIR Mitgliederbefragung bei der FDP: Etappensieg der Nein-Sager
       
       Viele Deutsche verfolgen den Europakurs der Regierung skeptisch. In der FDP
       gibt es dazu jetzt einen Mitgliederentscheid. Die Parteispitze gibt sich
       demonstrativ gelassen.