URI: 
       # taz.de -- Kommentar Reaktion auf rechten Terror: Türkenhass geht alle an
       
       > Der türkische Außenminister Davutoglu fordert, in der deutschen
       > Gesellschaft die antitürkischen Vorurteile abzubauen. Damit hat er Recht.
       > Die Frage ist nur, wie?
       
       Klar ist, dass die türkische Regierung auf die rassistische Mordserie in
       Deutschland reagieren muss, schließlich waren die meisten der Opfer
       türkische Staatsbürger. Zu befürchten war auch, dass sich in die berechtige
       Sorge um die Landsleute nationalistische Töne mischen würden, wie es bei
       dem türkischen Premier Erdogan der Fall war. Doch der Ruf des türkischen
       Außenministers Davutoglu nach einem "Aktionsplan", um antitürkische
       Vorurteile in Deutschland abzubauen, ist richtig.
       
       Es ist ja kein Zufall, dass gerade türkischstämmige Einwanderer immer
       wieder zur Zielscheibe rassistischer Anfeindungen werden. Ressentiments
       gegen "die Türken" sind weit verbreitet und in der Vergangenheit schon oft
       in Gewalt umgeschlagen. Die immer neuen Enthüllungen über das Versagen der
       zuständigen Behörden angesichts der Nazimorde haben deshalb bei vielen
       Deutschtürken alte Wunden aufgerissen, die seit den Brandanschlägen von
       Mölln und Solingen verheilt schienen.
       
       Deutschland muss jetzt zeigen, dass es seine türkischstämmigen Mitbürger
       mit ihren Sorgen nicht alleinlässt. Die Politik hat da bereits wichtige
       Zeichen gesetzt, sich bei den Opfern entschuldigt und eine Trauerfeier
       angesetzt. Doch auch die Gesellschaft muss zeigen, dass sie mit dieser
       Minderheit solidarisch ist. Aber wie?
       
       Ein richtiges Zeichen war etwa das Konzert gegen Rechtsextremismus in Jena
       am vergangenen Freitag, zu dem Thüringens Landesregierung aufgerufen hatte.
       Anders als im Nachbarland Sachsen hat man in Thüringen offenbar erkannt,
       dass man jetzt etwas tun muss - nicht zuletzt um den eigenen Ruf zu retten.
       
       Noch schöner wäre es gewesen, wenn in Jena neben Udo Lindenberg, Silly und
       Clueso auch türkische Künstler aufgetreten wären. Es hätte gezeigt, dass
       man zusammengehört und zusammensteht.
       
       Ansonsten blieb es bisher der Türkischen Gemeinde in Deutschland
       überlassen, den Protest gegen den mörderischen Türkenhass zu organisieren,
       mit Autokorsos und Mahnwachen. Obwohl dabei keine nationale Abgrenzung
       betrieben und keine türkische Fahne geschwenkt wurde, fand dieser Protest
       nur wenig Anklang.
       
       Das ist schade. Denn je stärker sich die deutsche Gesellschaft jetzt mit
       ihren Einwanderern solidarisch zeigt, desto weniger werden sich diese in
       einen trotzigen türkischen Nationalismus zurückziehen, wie es nach den
       Morden von Solingen und Mölln der Fall war.
       
       4 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kritik am Thüringer Verfassungsschutz: "Nicht zu retten"
       
       Das Versagen des Thüringer Verfassungsschutzes hat ein Nachspiel. Grüne und
       Linke fordern eine Untersuchungsausschuss des Bundestages, um endlich
       aufzuklären.
       
   DIR Skandal um Neonazi-Terrorbande: Dresden schläft, Jena steht auf
       
       In Thüringen stellt sich die Politik der Herausforderung des rechten
       Terrornetzes. Doch Sachsens schwarz-gelbe Regierung tut sich schwer mit dem
       Skandal.
       
   DIR Ermittlungen zu Neonazi-Terrorbande: Spuren ins Saarland
       
       Die Ermittler prüfen, ob unaufgeklärte Anschläge im Saarland mit der NSU im
       Zusammenhang stehen. Dort wurden immer wieder Häuser von Migranten
       angezündet.
       
   DIR Türkischer Autokorso gegen Rassismus: Hupkonzert als Weckruf
       
       Aus Protest über den Umgang deutscher Behörden mit der Nazi-Mordserie
       organisiert der Türkische Bund einen Autokorso gegen Rassismus. Fahrtziel:
       die NPD-Zentrale.
       
   DIR Ermittlungen zur Neonazi-Bande: Präziser Terror
       
       Die Opfer des Neonazi-Terrortrios waren nicht zufällig ausgewählt wie
       bisher gedacht. Aus Skizzen und Karten geht hervor, dass die Taten
       detailliert geplant waren.