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       # taz.de -- Ermittlungen zur Neonazi-Bande: Präziser Terror
       
       > Die Opfer des Neonazi-Terrortrios waren nicht zufällig ausgewählt wie
       > bisher gedacht. Aus Skizzen und Karten geht hervor, dass die Taten
       > detailliert geplant waren.
       
   IMG Bild: Wer hat den Urlaub mit diesen Männern gemacht? Uwe Boehnhardt und Uwe Mundlos beim campen.
       
       Die Täter haben nichts dem Zufall überlassen", sagte BKA-Präsident Jörg
       Ziercke am Donnerstag in Karlsruhe. Gemeinsam mit Generalbundesanwalt
       Harald Range stellte er neue Ermittlungsergebnisse im Fall der
       rechtsterroristischen Mordserie vor.
       
       "Die Opfer wurden nicht willkürlich ausgewählt, sondern regelrecht
       ausbaldowert", sagte Ziercke unter Hinweis auf "Skizzen, Karten und
       handschriftliche Aufzeichnungen". Details zu den Auswahlkriterien wollten
       die Ermittler aber nicht nennen. Dass einer der neun erschossenen
       Kleingewerbler kein Türke, sondern ein Grieche war, sei "kein Versehen", so
       Ziercke. "Für die Täter machte es keinen Unterschied, ob sie einen Türken
       oder einen Griechen erschossen." Die drei hätten das "Lebensrecht aller
       ausländischen Mitbürger verneint", sagte Range.
       
       BKA und Bundesanwaltschaft sprechen inzwischen nicht mehr von
       "Döner-Morden", sondern von "Ceska-Morden", weil bei allen Taten eine
       Pistole dieses Typs verwendet wurde. Daneben werden der NSU die Ermordung
       der Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn, zwei Sprengstoffanschläge
       in Köln sowie mindestens 14 Banküberfälle vorgeworfen. Die Raubzüge sollen
       insgesamt rund 600.000 Euro erbracht haben.
       
       ## Weitere Beziehungen zur NPD?
       
       Zum "Nationalsozialistischen Untergrund" rechnen die Ermittler nach wie vor
       nur drei Personen, die gemeinsam 1998 untertauchten: Uwe Mundlos, Uwe
       Böhnhardt, die sich Anfang November nach einem Banküberfall vor dem Zugriff
       der Polizei selbst töteten, sowie Beate Zschäpe, die sich einige Tage
       später der Polizei stellte. Nach Zeugenaussagen soll es einen Plan gegeben
       haben, im Fall der Entdeckung "gemeinsam aus dem Leben zu scheiden und sich
       nicht in die Hand der Sicherheitsbehörden zu begeben", sagte Ziercke.
       
       Neben Zschäpe sind bislang drei weitere Unterstützer in Haft: Holger G.,
       der den dreien Ausweise überlassen und Wohnmobile für sie angemietet haben
       soll, André E., der wohl die Bekenner-DVD hergestellt hat, sowie Ralf
       Wohlleben, der der Gruppe eine Waffe besorgt haben soll. "Wir haben aber
       noch eine gute Handvoll weiterer Unterstützer im Visier", sagte
       Generalbundesanwalt Range. Eine Person soll regelmäßig Fahrzeuge für die
       Gruppe angemietet haben. "Wenn jemand sagt, er habe seinen Ausweis verloren
       und dieser sei missbraucht worden, müssen wir ja erst einmal das Gegenteil
       beweisen können", sagte Ziercke.
       
       Einen klaren Bezug zur NPD hat bisher nur Ralf Wohlleben, der zeitweise
       stellvertretender Landesvorsitzender in Thüringen war. Doch Ziercke
       erklärte: "Ich bin überzeugt, dass wir noch weitere Beziehungen zur NPD
       entdecken werden." Bisher gebe es allerdings noch keine Hinweise, dass
       Infrastruktur der NPD für Terrorzwecke genutzt wurde.
       
       ## Noch viel zu untersuchen
       
       Immer wieder mussten Range und Ziercke darauf verweisen, dass viele der
       2.500 Beweisstücke noch gar nicht untersucht werden konnten. 1.800 davon
       stammten aus dem von dem NSU-Trio bewohnten Haus in Zwickau, das Zschäpe
       vor ihrer Flucht in Brand setzte. Weitere 500 Asservate stammten aus dem
       Wohnmobil, in dem Böhnhardt und Mundlos starben. Die übrigen Beweisstücke
       kamen aus Hausdurchsuchungen in der Unterstützerszene.
       
       Die Polizei hat derzeit 420 Beamte für die Aufklärung des NSU-Terrors zur
       Verfügung, 230 vom BKA und 190 aus den Ländern. Zusätzliche 50 Landesbeamte
       sollten bald dazustoßen. Die größten "Erfolge" hat die Polizei bisher bei
       der Zuordnung von Fahrzeugen. In 56 Fällen konnte rekonstruiert werden,
       dass die NSU oder ihre Unterstützer Pkws oder Wohnmobile angemietet haben.
       Wenn das Fahrzeug für einen Mord benutzt wurde, erfolgte die Anmietung
       stets weit entfernt vom Tatort.
       
       Ob die inhaftierten Unterstützer Aussagen machen, ließ Oberermittler Range
       offen: "Das fällt in den Kernbereich der Ermittlungstätigkeit."
       
       1 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
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