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       # taz.de -- Rechter Terror: Kein Deal mit Neonazis
       
       > Die Bundesanwaltschaft will keine Kronzeugenregelung für Beate Zschäpe.
       > Und der ehemalige Verfassungsrichter Winfried Hassemer sieht Chancen für
       > ein NPD-Verbot.
       
   IMG Bild: Unterschlupf für Abgetauchte: In diesem Haus in Grabow wurde der Neonazi Andre E. verhaftet.
       
       BOCHUM taz | Im Streit über die Aufklärung der rechtsextremen Terrorserie
       hat die Bundesanwaltschaft Spekulationen zurückgewiesen, sie arbeite an
       einem Deal oder gar einer Kronzeugenregelung für die einzige Überlebende
       des Zwickauer Neonazi-Trios, Beate Zschäpe. "Diese Überlegung gibt es
       nicht", sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde.
       
       Hintergrund sind Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA), nach denen
       Zschäpe möglicherweise nicht direkt an den Morden ihrer Komplizen Uwe
       Mundlos und Uwe Böhnhardt beteiligt war. "Nein, die Erkenntnisse haben wir
       bisher nicht, deutlich nicht", sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke im
       Innenausschuss des Bundestags laut einem Protokoll, das der taz vorliegt.
       
       Parallel diskutieren Juristen und Politiker weiter über ein Verbot der NPD.
       Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried
       Hassemer, sieht dafür Chancen: Voraussetzung sei aber der Nachweis, dass
       die NPD Teil des Netzwerks der Zwickauer Terrorzelle gewesen sei, sagte der
       Jurist der Frankfurter Rundschau. Hassemers Senat hatte 2003 den ersten
       Versuch eines NPD-Verbots wegen der Unterwanderung der Partei durch den
       Verfassungsschutz abgelehnt.
       
       ## "V-Leute sind Nazis"
       
       Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) weigert sich trotzdem, die
       in der NPD aktiven V-Leute des Verfassungsschutzes nicht mehr als Quellen
       zu nutzen. "Wir brauchen einen Einblick in diese Szene, sonst wären wir auf
       dem rechten Auge blind", argumentiert er. Grünen-Chefin Claudia Roth
       forderte dagegen, Friedrich müsse den Weg für ein NPD-Verbot freimachen:
       "V-Leute sind keine Beamten, das sind Nazis, die müssen abgeschaltet
       werden."
       
       Unterdessen wird deutlich, dass auch die Strafverfolgungsbehörden bei der
       Verfolgung des rechtsextremen Terrors schwere Pannen zu verantworten haben.
       Bereits 1998 sei klar gewesen, dass sich die drei Zwickauer Rechtsextremen
       im Untergrund bewaffnen wollten, berichtet der Spiegel. Trotzdem habe die
       Staatsanwaltschaft Gera das Neonazi-Trio als "loses Geflecht von
       Einzeltätern" betrachtet, das "Straftaten weder für noch im Namen
       bestimmter Gruppierungen oder gar einer eigens gegründeten Gruppierung"
       begangen habe. 1999 habe sich auch die Bundesanwaltschaft dieser
       Einschätzung angeschlossen.
       
       Noch heute ist unklar, wie viele abgetauchte Rechtsextreme trotz Haftbefehl
       nicht zu finden sind. Zwar wurde am Donnerstag der Neonazi Andre E.
       verhaftet, der das Bekennervideo der Zwickauer Terrorzelle hergestellt
       haben soll. Der Nürnberger Gerhard Ittner dagegen verschwand 2005 während
       einer laufenden Gerichtsverhandlung spurlos. Trotz offenkundiger
       Verbindungen zum Thüringer Terrornetzwerk ist die Fahndung nach ihm bis
       jetzt erfolglos.
       
       Der Innenminister Friedrich greift deshalb tief in die
       sicherheitspolitische Mottenkiste - und fordert die Wiedereinführung der
       Vorratsdatenspeicherung. Als "Zeugnis der Hilflosigkeit" wertet das nicht
       nur die Linkspartei: Widerstand kommt auch vom Koalitionspartner FDP. "Es
       hilft niemandem, mitten in der Aufklärungsphase reflexhaft alte
       Maximalforderungen zu stellen", erklärte deren Bundestagsfraktionschef
       Rainer Brüderle.
       
       27 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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