URI: 
       # taz.de -- Folter in Bahrain: Der Scheich macht jetzt auf weich
       
       > Der Bericht eines unabhängigen Gremiums zur Niederschlagung der
       > Demokratieproteste bringt den König in Bedrängnis. Er verspricht
       > Reformen.
       
   IMG Bild: Beschuldigt den Iran der Verschwörung: König von Bahrain.
       
       BAGDAD taz | Der König von Bahrain hat nach dem vernichtenden Befund einer
       Untersuchung über die Niederschlagung der Protestbewegung vom Frühjahr
       weitreichende Reformen versprochen. Zugleich allerdings hat das
       Herrscherhaus erneut den Iran beschuldigt, hinter dem Aufbegehren von
       Bahrains Schiiten zu stecken.
       
       Die Abwehr einer iranischen Verschwörung war in den letzten Monaten eine
       der zentralen Behauptungen, mit der das Herrscherhaus das harte Vorgehen
       gegen die Schiiten begründet. Deshalb holte es im März auch Truppen aus den
       verbündeten Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, ins Land, um
       Massenproteste zu zerschlagen. Die vom König selbst eingesetzte
       internationale Untersuchungskommission zu den blutigen Ereignissen des
       Frühjahrs hat dem Argument widersprochen.
       
       Sie habe keine Beweise dafür finden könne, dass Iran in dem internen
       Konflikt eine Rolle gespielt habe, sagte Kommissionschef Mahmud Cherif
       Bassiouni. Der 500 Seiten starke Bericht, den Bassiouni am Mittwoch in
       Gegenwart des Königs und anderer hochrangiger Regierungsvertreter in Manama
       vorstellte, fällt für das Herrscherhaus vernichtend aus.
       
       ## Vernichtender Untersuchungsbericht
       
       Gefangene seien mit Elektroschocks, Metall- und Holzstäben, Schlafentzug
       gefoltert und extremen Temperaturen ausgesetzt worden, sagte Bassiouni.
       Zudem seien sie mit Vergewaltigung bedroht worden. Der Bericht listet 559
       Foltervor- würfe auf. Insgesamt seien 2.919 Personen festgenommen worden,
       von denen sich 741 weiterhin in Haft befänden. Darüber hinaus verloren mehr
       als 4.000 staatliche und private Angestellte wegen ihrer Beteiligung an den
       Protesten ihre Arbeit, und Studenten und Schüler wurden von den
       Universitäten und Schulen geworfen.
       
       Bassiouni bestätigte auch die Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen,
       dass das Herrscherhaus mit der Schändung von schiitischen Gebetsstätten den
       religiösen Hass schürte. Laut dem Bericht wurden 30 schiitische Moscheen
       zerstört oder beschädigt. Der Bericht listet auch Fälle von Übergriffen
       gegen Sunniten und ausländische Arbeiter auf.
       
       Vor allem übt er jedoch scharfe Kritik an den Sicherheitskräften. Diese
       hätten mit unverhältnismäßiger und unnötiger Gewalt den Konflikt
       verschärft, sagte Bassiouni. Dass die Sicherheitskräfte dafür nicht zur
       Rechenschaft gezogen wurden, habe zu einer Kultur der Rechtlosigkeit
       beigetragen.
       
       Seit Beginn der Proteste am 14. Februar sind in Bahrain mehr als 40
       Personen getötet worden, unter ihnen fünf Polizisten. Für eine direkte
       Verwicklung der saudischen Truppen, die im März nach Bahrain entsandt
       worden waren, in die Niederschlagung der Proteste fand die Kommission indes
       keine Hinweise.
       
       ## Reformvorschläge
       
       Bassiouni machte eine Reihe von Reformvorschlägen, die vor allem auf eine
       Stärkung der Gewaltenteilung und die Einhaltung der Menschenrechte zielen.
       Der König versprach, diese Vorschläge aufzugreifen. Zudem kündigte er an,
       die Prozesse vor dem Militärtribunal zu beenden, das gegen
       Oppositionspolitiker, Aktivisten, Ärzte und Pfleger teils Todes- und
       lebenslange Haftstrafen verhängt hat.
       
       Er glaube nicht, dass die Regierung ihre Haltung nach dem Bericht ändere,
       sagte freilich der Menschenrechtler Nabil Rajab. Ein Sprecher der größten
       Oppositionspartei Wifak stieß ins gleiche Horn. US-Außenministerin Hillary
       Clinton forderte das Königshaus, aber auch die Opposition auf, sofort und
       systematisch auf die Ergebnisse des Berichts zu reagieren. Dass das
       Königshaus aber nur einen Tag später bereits wieder die "Iran-Karte" zückt,
       ist kein gutes Zeichen für das polarisierte Land.
       
       24 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Inga Rogg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ein Jahr Proteste in Bahrain: Die Rückkehr zum Perlenplatz
       
       Vor einem Jahr haben Aktivisten der Demokratie den Perlenplatz in Manama
       besetzt. Seitdem rebelliert die schiitische Mehrheit gegen das sunnitische
       Königshaus.
       
   DIR Opposition am Golf: Demonstrationen in Bahrain
       
       In Bahrain wurde ein jugendlicher Demonstrant von Polizisten mit einer
       Tränengaskartusche erschossen. Bei seiner Beerdigung kam es zu
       Auseinandersetzungen mit der Polizei.
       
   DIR Proteste in Bahrain: Neues Verfahren gegen verurteilte Ärzte
       
       Ein Staatssicherheitsgericht hatte 20 Mitarbeiter eines Krankenhauses zu
       Gefängnisstrafen bis zu 15 Jahren verurteilt. Daraufhin forderten die
       Betroffenen eine UN-Untersuchung.
       
   DIR Saudische Truppen in Bahrain: Ministerium verharmlost Einmarsch
       
       Das Bundesinnenministerium hat den Einsatz saudischer Truppen in Bahrain
       als "Sicherungsmaßnahme" für Infrastruktur bezeichnet. Die SPD wettert:
       "Die Regierung veralbert eigene Mitarbeiter".
       
   DIR Demonstranten in Bahrain: Gericht macht kurzen Prozess
       
       Ein Militärgericht in Bahrain verhängt lebenslängliche Haft gegen
       prominente Oppositionelle. Gleichzeitig lädt das Herrscherhaus zum
       "nationalen Dialog".
       
   DIR Proteste im Jemen und in Bahrain: Mindestens 41 Tote in Sanaa
       
       In der jemenitischen Hauptstadt eskaliert die Gewalt zwischen
       Regierungtruppen und Stammesmilizen, erste Botschaften schliessen. In
       Bahrain wurde der Ausnahmezustand aufgehoben.
       
   DIR Nach den Protesten in Bahrain: Vier Schiiten zum Tode verurteilt
       
       Wegen Mordes an zwei Polizisten während der Proteste im März sind vier
       Schiiten von einem Militärgericht in Bahrain zum Tode verurteilt worden.
       Drei weitere bekamen lebenslänglich.
       
   DIR Menschenrechte in Bahrain: Drei Aktivisten in Haft gestorben
       
       Das Regime geht hart gegen schiitische Bürgerrechtler vor. Staatliche
       Betriebe entlassen Personen, die während der Proteste nicht zur Arbeit
       erschienen sind.