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       # taz.de -- Neue Solidaritätsaktion für Ai Weiwei: "Ein Tiger und acht Brüste"
       
       > Nach angeblichem Steuerbetrug werfen die chinesischen Behörden Ai Weiwei
       > jetzt Pornografie vor. Seine Anhänger reagieren sofort - und stellen
       > zahllose eigene Nacktbilder online.
       
   IMG Bild: Nackt und fröhlich, aber nicht pornografisch - Ai Weiwei und vier Frauen.
       
       PEKING taz | "Badeanzug-Wettbewerb 2011 – die besten Hundert" nennt He
       Yunchang sein Werk , das er im Sommer dieses Jahres zu Ehren seines damals
       verschwundenen Künstlerkollegen Ai Weiwei schuf: Es ist ein Panoramafoto,
       das ihn selbst splitterfasernackt, zusammen mit 98 unbekleideten Frauen in
       vier Reihen hintereinander zeigt. Auf ihren Brüsten und Schößen kleben
       Ai-Weiwei-Portraits.
       
       He Yunchang, auch als A Chang bekannt, ist einer der prominentesten
       Performance-Künstler Chinas. In den vergangenen Jahren machte er sich mit
       dramatischen Aktionen einen Namen in der in- und ausländischen Kunstszene:
       So ließ der heute 44-Jährige sich unter anderem in einen Betonklotz
       eingießen, ohne Betäubung eine meterlange Narbe in den Körper ritzen und
       eine Rippe aus dem Körper schneiden.
       
       Die nackte Hommage an Ai Weiwei, der Anfang April von der Polizei
       verschleppt wurde und im Juni nach 81 Tagen Haft in sein Atelier im Osten
       Pekings zurückkehrte, ist jetzt unter anderem [1][im Internet zu sehen] –
       zusammen mit fast hundert anderen Nacktfotos prominenter und unbekannter
       Chinesen.
       
       Es ist die jüngste Solidaritätsaktion mit dem regierungskritischen
       Künstler, den die Behörden wegen angeblicher Steuervergehen zu einer Strafe
       von rund 1,7 Millionen Euro verdonnert haben, um ihn – wie Ai Weiwei, seine
       Freunde und viele Beobachter glauben – mit immer neuen Schikanen mundtot zu
       machen.
       
       ## Die Polizei ermittelt wegen Pornografie
       
       Mit Hilfe von rund 30.000 chinesischen Spendern hatte Ai in der vergangenen
       Woche fast eine Million Euro aufgebracht und auf ein Konto beim Finanzamt
       eingezahlt, um Zeit zu gewinnen, den Vorwurf des Steuerbetrugs anzufechten.
       
       Kurz darauf meldete sich die Polizei erneut – diesmal bei einem
       langjährigen Mitarbeiter und Fotografen Ai Weiweis – mit dem Hinweis, dass
       die Behörden nun gegen den Künstler wegen "Pornografie" ermittelten.
       
       Stein des Anstoßes, erfuhr der Fotograf, sei das Bild "Ein Tiger und acht
       Brüste", das er von Ai Weiwei gemacht hatte. Es zeigt den Künstler auf
       einem Stuhl sitzend und vier Frauen um ihn herum – nackt und fröhlich, aber
       keineswegs mit irgendwelchen erotischen Aktionen beschäftigt.
       
       Der Vorwurf der Pornografie scheint umso bizarrer, als Ai Weiwei und andere
       Künstler Nacktfotos seit vielen Jahren nicht nur im Internet, sondern auch
       bei Kunstausstellungen in China zeigen – ohne dass sich bislang jemand
       daran gestört hätte.
       
       Die Reaktion der Internet-Gemeinde kam schnell: Innerhalb kürzester Zeit
       enthüllten sich Freunde und Fremde, um ihre Bilder per Mikroblog kursieren
       zu lassen. Da die chinesische Zensur viele ausländische Blogs, Facebook und
       Twitter sperrt, kann [2][die Seite] in China nur mit spezieller Software
       geöffnet werden.
       
       ## Bissige Wortspiele der User
       
       Trotzdem finden chinesische Nutzer Mittel und Wege, die Fotos – oft mit
       bissigen Überschriften versehen – auch im chinesischen Netz bei den großen
       Portalen wie Sina.Weibo zu verbreiten, bei denen Hunderte Millionen
       Mikroblogger registriert sind.
       
       Die chinesische Sprache eignet sich besonders gut für Wortspiele: Die
       Schriftzeichen für "Parteizentrum" beispielsweise werden ähnlich wie "das
       Ding in der Mitte bedecken" ausgesprochen. Und die Worte
       "Grass-Schlamm-Pferd" klingen wie ein böser Fluch. Umso populärer sind
       Nacktfotos, auf denen das "Ding in der Mitte" mit einem
       "Grass-Schlamm-Pferd" bedeckt erscheint.
       
       22 Nov 2011
       
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