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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Kampf der Giganten
       
       > Guter Fußball ist in Deutschland keine Zukunftsprojektion mehr. Er findet
       > im Hier und Jetzt, in München, in Dortmund, bei der Nationalmannschaft
       > statt.
       
       Wenn man die beiden Grundpfeiler des Fußballs, also Effizienz und Ästhetik,
       gleichzeitig und nachhaltig einfordert, so bleibt nichts als zuzugeben,
       dass der deutsche Spitzenfußball in diesem Moment auf einem All-Time-High,
       einem Allzeithoch ist.
       
       Noch nie in der Geschichte – und auch nicht 1972 - war die
       Nationalmannschaft so furios wie heute. Und in der Bundesliga erleben wir
       zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund einen Wettbewerb der Schulen
       und Stile auf der Höhe des 21. Jahrhunderts. Daran ändert sich auch nichts,
       falls der BVB am Mittwoch bei Arsenal den großen Coup nicht landen sollte
       und das Champions-League-Achtelfinale verpasst.
       
       Wir sind deshalb in einer historischen Situation, weil es eben nicht das
       nächste Spiel ist, auf das sich die Hoffnung auf ein tolles Spiel richten
       muss, nein, das gerade beendete Match hat justament die großen Erwartungen
       erfüllt. Nicht die Projektion, sondern das Spiel selbst macht derzeit den
       Liebenden glücklich. Dieses Erlebnis ist bei Löw fast schon einklagbar.
       
       Was die Liga angeht: Wer vor dem Spiel der Münchner und Dortmunder am
       Samstagabend gerätselt hatte, was Jürgen Klopp mit der
       sinister-raffinierten Ankündigung meinen könnte, der BVB wolle "die Bayern
       auf unser Niveau runterziehen", der sah genau das beim 1:0 in der Münchner
       Arena sich vollziehen. "Unfassbar gut" nannte Klopp die Art, wie sein Team
       mit dem bekannten Laufaufwand den Bayern-Motor drosselte oder gar leer
       laufen ließ und so Klopps "BVB-Fußball", also Kontrolle durch gegnerischen
       Ballbesitz, gegen Jupp Heynckes Schule der Kontrolle durch
       verantwortungsbewussten eigenen Ballbesitz durchsetzte.
       
       ## Der Star-Darwinismus ist gebändigt
       
       Die Bayern, das ist das Spannende, haben ja auch Stil derzeit, der
       Star-Darwinismus ist gebändigt, das anachronistische Kahn-Prinzip scheint
       überwunden, Barça-affine Topfußballer funktionieren zusammen auf hohem
       Niveau. Aber mit Schweinsteiger fehlt eben doch der Primus inter Pares und
       dem zurückgekehrten Arjen Robben noch das bei aller Teamorientierung
       notwendige Extraordinäre, das auf der Gegenseite Siegtorschütze Mario Götze
       einbrachte.
       
       Es ist schwer vorstellbar, dass die Mia-san-mia-Bayern sich dauerhaft
       ändern. Aber es wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, selbst wenn
       zunächst die alten Reflexe greifen (Götze kaufen! Reus kaufen!). Vielleicht
       haben sie sich sogar schon geändert. Das läge zum einen an Joachim Löw,
       dessen Art, Fußball zu denken, über die acht Bayern-Nationalspieler
       zurückfließt. Zum anderen an Jürgen Klopp, den nicht einmal mehr die Bayern
       ignorieren können.
       
       Ob Borussia nun "dauerhaft" Bayern-Rivale wird? Weiß keiner und ist jetzt
       auch wurscht. Was zählt: Der BVB ist nicht nur der erste amtierende Meister
       seit langem, der eine echte Chance hat, den Titel gegen die Bayern zu
       verteidigen. Es ist hier, heute und jetzt ein fußballerischer Kampf der
       Giganten. Und am Mittwoch spielt Dortmund bei Arsenal. Und das wird auch
       super.
       
       20 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Unfried
       
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