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       # taz.de -- Diskussion um Neonazi-Terrorbande: Ermittler im Fadenkreuz
       
       > Vor dem Krisengipfel im Kanzleramt streitet die Koalition. Vor allem
       > darüber welche Lehre aus der Pannenserie im Fall des Zwickauer Nazi-Trios
       > zu ziehen ist.
       
   IMG Bild: Was führte zu den Pannen? Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Friedrich (CSU) sind sich uneinig.
       
       BERLIN taz | Der Bundespräsident stellte die zentralen Fragen: "Ist unser
       Land den Opfern und ihren Hinterbliebenen gerecht geworden?", fragte
       Christian Wulff, als er am Mittwochabend in Berlin den Leo-Baeck-Preis
       entgegennahm. "Haben wir uns möglicherweise von Vorurteilen fehlleiten
       lassen? Wie stellen wir sicher, dass der Staat seiner Schutzfunktion in
       allen gesellschaftlichen Bereichen nachkommt?"
       
       Die Bundesregierung ringt derzeit noch um Antworten. Für Freitag hat sie in
       Berlin deshalb einen Krisengipfel mit den Innen- und Justizministern sowie
       den Kriminalämtern von Bund und Ländern angesetzt. Die Behörden stehen
       wegen ihrer beispiellosen "Pannenserie" am Pranger - dieses Wort rutschte
       selbst einem Sprecher der Justizministerin am Mittwoch heraus.
       
       Die Vorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, nennt es den "größten
       Verfassungsschutz- und Justizskandal seit der Gründung der Bundesrepublik".
       Eine Nummer kleiner hat es der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz, der
       aber auch grobe Fehler der Behörden im Fall des untergetauchten Nazi-Trios
       aus Zwickau einräumte. Sich selbst nahm er von dieser Kritik nicht aus. "Es
       ist sicherlich so, dass der Verfassungsschutz stark umgebaut worden ist in
       Richtung islamistischen Terrorismus", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung.
       Das müsse man nun korrigieren.
       
       Gegen militante Islamisten wurde 2004 in Berlin ein "Terrorabwehrzentrum"
       eingerichtet. Dort tauschen Polizei und Geheimdienste von Bund und Ländern
       ihre Erkenntnisse mit der Bundesanwaltschaft und dem Bundesamt für
       Migration und Flüchtlinge aus.
       
       Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) möchte es künftig auch gegen
       rechtsextreme Gefahren einsetzen, sagte er am Mittwochabend in der ARD.
       Außerdem will er ein Zentralregister rechtsextremistischer Gewalttäter
       einrichten, wie es in Deutschland für Islamisten bereits seit 2001
       existiert.
       
       ## "Gipfel gegen Rassismus" gefordert
       
       Darüber gibt es in der Koalition nun einen Streit, denn Justizministerin
       Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht das skeptisch. Sie findet
       vielmehr, "dass es vielleicht zu viele Verfassungsschutzämter" gibt, und
       regt eine Fusion an. Das aber müssten die Länder entscheiden.
       
       Keine Einigkeit gibt es bislang auch zur Frage einer nationalen Trauerfeier
       für die Opfer der Neonazi-Mordserie. Migrantenverbände, Grüne und SPD
       hatten diese gefordert. Am Donnerstag lud Maria Böhmer, die
       Staatsministerin für Integration, erst mal türkische und griechische
       Organisationen ins Kanzleramt.
       
       Kurz zuvor hatte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland,
       Kenan Kolat, einen "Gipfel gegen Rassismus" angeregt. "Alle
       gesellschaftlichen Kräfte" müssten hier "an einem Strang ziehen", sagte der
       SPD-Politiker am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Kolat dankte
       Bundespräsident Wulff dafür, dass er die Angehörigen der Neonazi-Mordopfer
       jetzt zu einem Gespräch ins Schloss Bellevue einladen will. Er fügte hinzu,
       dass er sich eine solche Geste auch "von der Bundesregierung gewünscht"
       hätte.
       
       17 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
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