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       # taz.de -- Solisong für rechtsterroristische Morde: Böse Lieder für böse Leute
       
       > Bereits vor anderthalb Jahren erschien der Rechtsrock-Song
       > "Döner-Killer". Unklar ist, ob die Bekenner-DVD der NSU schon länger in
       > der rechten Szene kursiert.
       
   IMG Bild: Seit wann schauen sich Neonazis die Bekenner-DVD der NSU an?
       
       Es ist ein Landgasthof im thüringischen Schorba, in dem sich am 13.
       November 1999 mehr als 1.000 Neonazis aus der Bundesrepublik zu einem
       konspirativen Konzert einfinden, nur wenige Kilometer außerhalb von Jena.
       Auf der Bühne stehen drei Neonazi-Bands. Eine davon: "Stahlgewitter" des
       Rechtsrock-Sängers Daniel G.
       
       Elf Jahre später, im Juni 2010, kursiert in der rechten Szene eine CD:
       "Adolf Hitler lebt". Der vierte Titel darauf: "Döner-Killer". "Neunmal hat
       er es jetzt schon getan", heißt es - ein offener Verweis auf die Mordserie
       an neun migrantischen Ladenbesitzern. Weiter wird gesungen: "Bei allen
       Kebabs herrschen Angst und Schrecken. Der Döner bleibt im Halse stecken,
       denn er kommt gerne spontan zu Besuch am Dönerstand, denn neun sind nicht
       genug."
       
       Eingesungen hat "Döner-Killer" ein Kult-Musiker der rechten Szene, unter
       dem Namen "Gigi und die braunen Stadtmusikanten": Daniel G. Anderthalb
       Jahre bevor aufgedeckt wird, dass hinter der Mordserie die Jenaer Neonazis
       Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe stecken. Wusste G. vom
       "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU)? Ahnte er ein rassistisches
       Motiv?
       
       Ein Jahr zuvor widmete G. einem anderen Fall ein Lied: der Messerattacke
       auf den Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl. "Lebt denn der alte
       Mannichl noch?", sang G. Auch hinter dieser Tat werden Neonazis vermutet,
       ein Zusammenhang mit der NSU wird geprüft.
       
       Lauter werden nun Gerüchte, wonach die Bekenner-DVD der NSU schon länger in
       Teilen der rechten Szene kursiert. Nach taz-Informationen wurde diese Ende
       2007 hergestellt. Bereits Mitte Oktober 2011, zwei Wochen vor Bekanntwerden
       der NSU, nannte sich der frühere Zwickauer NPD-Chef Peter Klose in seinem
       Facebook-Profil "Paul Panther". Die Cartoonfigur führt in dem Bekennervideo
       durch die Mordserie. Kannte Klose das Video?
       
       ## 1999 erinnerte man sich noch gut an das Trio
       
       Allerdings: Als G.'s "Döner-Killer"-Lied erscheint, wird in der rechten
       Szene auch gerätselt. "Vermutlich kommt der Täter nicht von ,Rechts', das
       hätten wir dann schon allesamt bis zum Erbrechen erfahren", schreibt ein
       Nutzer in einem rechtsextremen Webportal. Ein anderer bekundet "ein wenig
       Schadenfreude". Ein Dritter schreibt mit Blick auf den Täter: "Lasst ihn
       doch machen."
       
       Sicher ist: 1999 erinnerte man sich noch gut an Böhnhardt, Mundlos und
       Zschäpe. "Warum" heißt eine Ballade des rechten Schnulzen-Duos Eichenlaub
       aus diesem Jahr. "Ihr hattet wohl keine andere Wahl, mit eurer Freiheit
       habt ihr das bezahlt", wird das 1998 nach einem Waffenfund abgetauchte Trio
       besungen.
       
       Der Texter des Songs kannte die Untergetauchten gut. Er gehörte nach
       taz-Informationen zum engeren Kameradschaftsumfeld von Böhnhardt, Mundlos
       und Zschäpe in Jena. "Wir, die sie wohl am besten kannten, können uns
       mittlerweile ganz gut vorstellen, warum sie diesen zweifelhaften Weg
       gegangen sind", sagte der Mann 2000 in einem Interview für ein
       rechtsextremes Fanzine. Man stehe zu dem, "was unsere drei Kameraden da
       getan haben". Heute will er nichts mehr mit der rechten Szene zu tun haben.
       
       Der Bayerische Rundfunk berichtet, es habe Ende 1998 auch ein
       Solidaritätskonzert in Coburg (Bayern) für das Trio gegeben. Bis zu 4.000
       Mark seien gesammelt und über einen Mittelsmann aus Jena übergeben worden.
       Ein früherer Jenaer Kameradschaftler sagte der taz, er wisse von keinen
       Soli-Aktionen.
       
       "Wir wussten ja alle, dass uns die Polizei nach dem Verschwinden genau
       beobachtet. Da wollte keiner als Unterstützer unter Verdacht geraten." In
       Jena sei nur einmal in einer von Rechten besuchten Disko eine Geldbüchse
       für die drei rumgereicht worden. "Danach hat aber keiner gewusst, wohin
       damit", behauptet der Mann. Das Geld sei "wahrscheinlich versoffen" worden.
       
       17 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR K. Litschko
   DIR A. Speit
       
       ## TAGS
       
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