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       # taz.de -- Vertrauensabstimmung in Athen: Zustimmung ist so gut wie sicher
       
       > Nach drei Tagen Debatte über das Regierungsprogramm soll das Parlament
       > Ministerpräsident Papademos das Vertrauen aussprechen. Weniger ruhig
       > könnte es auf den Straßen werden.
       
   IMG Bild: Angestellte im öffentlichen Dienst demonstrieren vor dem Parlament in Athen.
       
       ATHEN dpa | Der neue griechische Ministerpräsident Lucas Papademos kann
       voller Zuversicht in die für Mittwochabend geplante Vertrauensabstimmung
       gehen. Die Parteien, die den früheren Vizepräsidenten der Europäischen
       Zentralbank unterstützen, stellen zusammen mehr als 250 der insgesamt 300
       Abgeordneten. Wegen geplanter Proteste gegen den Sparkurs der neuen
       Regierung zog die Polizei derweil in Athen ein Großaufgebot zusammen.
       
       Papademos war am vergangenen Donnerstag von Staatspräsident Karolos
       Papoulias mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden. Sie
       soll das hoch verschuldete Euro-Land vor dem drohenden Staatsbankrott
       bewahren. Bei der Vorstellung seines Regierungsprogramms im Parlament hatte
       der 64-Jährige klargemacht, dass Griechenland am Scheideweg stehe.
       
       Damit das Land in der Eurozone bleibe, werde Athen alle seine
       Verpflichtungen erfüllen, versprach er. Ziel der Regierung sei es, nicht
       nur die Finanzhilfe zu sichern, sondern auch den Haushalt für 2012 unter
       Dach und Fach zu bringen. Unter anderem sieht sein Sparprogramm den Abbau
       von Personal im öffentlichen Dienst vor.
       
       Bei der am Mittwochmorgen fortgesetzten Parlamentsdebatte über das neue
       Regierungsprogramm äußerten fast alle Redner Zustimmung. Papademos wird von
       den Sozialisten mit 153 Abgeordneten, den Konservativen mit 84 Abgeordneten
       und den Ultranationalisten mit 16 Abgeordneten unterstützt.
       
       ## Linke kündigen Proteste an
       
       Dennoch ist die Auszahlung einer weiteren, dringend benötigten
       Finanzspritze in Höhe von acht Milliarden Euro keineswegs sicher. Ohne
       dieses Geld kann die Regierung Löhne und Renten nur noch bis Mitte Dezember
       zahlen. Am kommenden Montag will Papademos deshalb nach Brüssel reisen und
       sich mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, und
       Kommissionspräsident José Manuel Barroso beraten. An diesem Mittwoch wurden
       Van Rompuy, Barroso und Eurogruppen-Präsident Jean-Claude Juncker im
       EU-Parlament in Straßburg zur Generaldebatte über die Krisensituation
       erwartet.
       
       Für Donnerstag kündigten mehrere linke Organisationen in Athen Proteste an.
       Die Polizei befürchtet, dass gewaltbereite Demonstranten erneut versuchen
       könnten, Chaos in der Hauptstadt zu schaffen. Deshalb sollen nach
       Medienberichten mehr als 7.000 Beamte im Einsatz sein. Die geplanten
       Demonstrationen fallen mit dem 38. Jahrestag des blutig niedergeschlagenen
       Studentenaufstandes gegen das Militärregime am 17. November 1973 zusammen.
       Fast jedes Jahr liefern sich autonome Gruppierungen zu diesem Datum
       Straßenschlachten mit der Polizei.
       
       Aus Protest gegen die hohen Schulden des Staates bei der
       Elektrizitätsgesellschaft (DEI) schalteten Gewerkschaftsmitglieder der DEI
       am Mittwochmorgen den Strom im Gebäude des Gesundheitsministeriums in Athen
       ab. "Das Ministerium schuldet unserer Gesellschaft 3,8 Millionen Euro. Das
       kann so nicht weitergehen", sagte der Generalsekretär der DEI-Gewerkschaft,
       Kostas Katsaros, im griechischen Radio.
       
       Der griechische Gesundheitsminister Andreas Loverdos zeigte Verständnis für
       die Aktion. "Ich verstehe ihr Handeln. Sie müssen aber auch verstehen, dass
       wir in dieser schwierigen Zeit in erster Linie Geld für die Gesundheit der
       Bürger ausgeben", sagte er im griechischen Fernsehen ANT1. Die
       Elektrizitätsgesellschaft DEI gehört zu 34 Prozent dem Staat. Sie steht an
       der Spitze der Gesellschaften, die privatisiert werden sollen.
       
       16 Nov 2011
       
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