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       # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Wir gewinnen den EM-Titel!
       
       > Der Durchmarsch der DFB-Elf lässt die Erwartungshaltung für die
       > Europameisterschaft 2012 ins Unermessliche steigen. Genau das könnte zum
       > Problem werden.
       
       Das wird ein Spaziergang. Der Pott gehört uns. Wenn am 1. Juli in Kiew das
       EM-Finale zwischen den Spaniern und uns steigt, dann ist doch klar, dass
       uns die WM-Revanche gelingt und wir Europameister werden.
       
       Wer sonst als das derzeit beste Team auf dem Kontinent hätte es verdient?
       So oder ähnlich sehen es derzeit viele Fußballfans in Deutschland. Auch
       viele Bundesligaspieler denken so. Nach einer Umfrage des kicker, in der
       298 Profis befragt wurden, erwarten 49,3 Prozent, dass die DFB-Elf den
       Titel gewinnt; 39,6 Prozent glauben an Titelverteidiger Spanien.
       
       Die DFB-Elf hat sich so geradlinig durch die EM-Qualifikation gespielt,
       dass die Erwartungen quasi minütlich steigen. Nach dem klaren Erfolg über
       den Erzrivalen Holland steigt diese Erwartungshaltung in noch luftigere
       Höhen.
       
       Angesichts des Beifalls, der dem Team von Joachim Löw gespendet wird, fragt
       man sich, warum die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine überhaupt
       noch ausgespielt werden muss. Erster wird eh Kroos und Co., Silber geht an
       Iniesta und Freunde, auf Platz drei kommt irgend so ein minderbemitteltes
       Rumpel-Team, auf jeden Fall eine Elf, die den suprematischen Deutschen und
       den seidenfüßigen Iberern nicht das Wasser reichen kann.
       
       ## Guter Dritter reicht nicht mehr
       
       Löw hat erkannt, dass hierin eine Gefahr liegt. Denn wer oben ist, muss
       oben bleiben, um den Erfolg zu sichern. Steigt er ab und seien es nur ein
       paar Meter hinunter ins Tal, dann gilt er als gescheitert. Im Moment ist
       Löws Elf ziemlich weit oben. Fußballdeutschland will aber den finalen
       Gipfelsturm beklatschen. Die goldene Generation soll das Versprechen auf
       Titel einlösen und nicht nur guter Dritter werden.
       
       Im Moment sieht alles gut aus: Die Elf überzeugt spielerisch. Sie leistet
       sich extravagante Experimente (Dreierkette) und verliert trotzdem nicht.
       Alle Welt ist begeistert vom forschen Kreativfußball der DFB-Jungs.
       
       Zurecht. Im Zeitraffer haben Löw und seine Helfer aus Leichtathleten mit
       der Lizenz zum hölzernen Dribbling leichtfüßige Ballstreichler gemacht, die
       den deutschen Fußball, der noch Anfang dieses Jahrtausends hoffnungslos
       festgefahren schien, um eine neue Formel bereichert haben: Leichtigkeit
       plus Gedankenschnelle plus Esprit ist gleich Erfolg.
       
       Das Problem dabei ist, Fußball lässt sich nicht mathematisch exakt
       berechnen. Zu viele Störvariablen spielen hier eine Rolle. Sie könnten
       sogar einem DFB-Team im Formhoch zum Verhängnis werden.
       
       16 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball-WM 2014
       
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