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       # taz.de -- Alternative zu Facebook: Diaspora in Nöten
       
       > Mit viel Enthusiasmus gestartet, entwickelt sich die Facebook-Alternative
       > Diaspora bislang nur schleppend. Nun überschattet auch noch der Tod eines
       > Entwicklers das Projekt.
       
   IMG Bild: Diaspora verspricht, was Facebook nicht hält.
       
       Man kann kaum behaupten, dass das [1][Diaspora-Projekt] wenig Zuspruch
       erhalten hätte: Als vier New Yorker Studenten ihr Vorhaben einer freien
       Facebook-Alternative im Frühjahr 2010 der breiten Öffentlichkeit
       [2][vorstellten], kamen schnell 200.000 Dollar an Spendengeldern zusammen.
       Bekannte Silicon-Valley-Größen engagierten sich.
       
       Ein soziales Netzwerk zu schaffen, in dem die Daten den Nutzerinnen und
       Nutzern gehören und das eine genaue Kontrolle darüber erlaubt, wer sich mit
       wem vernetzt, ist ja auch eine grundsätzlich zu begrüßende Idee. Doch nun,
       anderthalb Jahre später, ist die Bilanz des Diaspora-Projekts
       vergleichsweise mager: Zwar gibt es eine kleine, aber feine
       Entwicklerbewegung, die an Diaspora schraubt, und auch diverse Nerds
       probieren das soziale Netzwerk aus. Doch seine Nutzung durch die große
       Öffentlichkeit findet noch nicht statt, denn die Software ist nach wie vor
       nur für Fortgeschrittene geeignet.
       
       Zuletzt machte Diaspora auch noch mit monetären Problemen auf sich
       aufmerksam. Die Spendensumme war schnell aufgebraucht - für Serverkosten,
       den Umzug nach San Francisco, den Overhead und knapp kalkulierte Gehälter
       mehrerer Entwickler. Man forderte die User deshalb im Oktober auf, sich
       erneut an einer Charity-Runde mit 25 Dollar pro Person zu beteiligen. Das
       klappte auch anfangs gar nicht schlecht, bis der Zahlungsdienst PayPal beim
       Stand von 45.000 Dollar das Konto sperrte, weil er illegale Aktivitäten
       vermutete. Erst nach einem Aufschrei bei Twitter und Co. konnte der
       Verdacht ausgeräumt werden, was Diaspora aber Kosten verursachte.
       
       ## Suizid aufgrund des Drucks?
       
       In dieser Woche dann ein weiterer Tiefschlag: Ilya Zhitomirskiy, einer der
       vier Gründer von Diaspora und in der Szene mittlerweile als brillanter Kopf
       bekannt, nahm sich mit nur 22 Jahren das Leben. Ob er unter dem Druck litt,
       unter dem Diaspora stand oder es persönliche Gründe gab, ist bislang
       unbekannt.
       
       Doch bei all den Problemen, mit denen Diaspora zu kämpfen scheint: Die
       dahinterstehende Idee lebt. Zwar ist es schwierig, einen eigenen Server in
       dem dezentralen Netz aufzusetzen - dafür benötigt man schon etwas
       Bastelbereitschaft. Doch eine Nutzung des Netzes ist über sogenannte Pods,
       die von zahlreichen Anbietern betrieben werden, jederzeit möglich. Auch das
       Projekt selbst betreibt einen dieser Knoten.
       
       Wer einen Account bei Diaspora besitzt, kann fast alles tun, was man aus
       anderen Netzwerken wie Facebook oder Google+ kennt: Nachrichten mit
       Freunden austauschen, Botschaften auf Pinnwände schreiben, Bilder
       austauschen und vieles mehr. Diaspora nutzt dabei eine Struktur, die das
       Teilen sicherer macht: Man stellt nicht standardmäßig alles der gesamten
       Welt zur Verfügung, wie es Facebook im Sinne einer besseren
       Werbevermarktung versucht. Stattdessen teilt man seine Freunde in Gruppen
       ein und beschickt diese getrennt. Das erinnert an Google+ mit seinen
       "Circles", doch bei Diaspora war das schon früher möglich.
       
       ## Schwachstelle Multimedia
       
       Alle Daten, die auf Diaspora-Pods lagern, könnten exportiert werden. Wer
       seinen eigenen Pod betreibt, hat auch noch die Kontrolle über die
       Infrastruktur - etwas, was bei Google+ oder Facebook undenkbar wäre.
       
       Es dürfte trotzdem noch lange dauern, bis sich Diaspora durchsetzt. Das
       liegt zum einen daran, dass es noch zu wenig Nutzer gibt, die den Dienst
       verwenden. Die Nützlichkeit sozialer Netzwerke steigert sich nun mal mit
       der Anzahl der verfügbaren Kontakte. Da hilft es auch nichts, dass es
       möglich ist, nach Twitter oder Facebook parallel zu posten und sich Freunde
       aus diesen Netzwerken einzuladen. Zum anderen fehlt es noch an Funktionen
       etwa im Bereich Multimedia, wie sie bei Facebook gerade massiv ausgebaut
       werden. Diaspora hinkt suf diesem Feld noch hinterher.
       
       Aufgeben wollen die Gründer und ihre Entwicklergemeinschaft Diaspora aber
       keineswegs. Es gehe darum, das Leben der Nutzer positiv zu beeinflussen,
       sagt Sprecher Max Salzberg. "Und Diaspora soll ein von der Community
       finanziertes Projekt bleiben." Das Kernprojekt bleibe so stets
       nichtkommerziell, versichert Salzberg.
       
       16 Nov 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://diasporafoundation.org
   DIR [2] /!52538
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Schwan
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Meta
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