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       # taz.de -- Neuer Regierungschef in Rom: Machtprobe mit Mighty Mario
       
       > Die Märkte reagieren verhalten auf Berlusconi-Nachfolger Mario Monti. Vor
       > allem die EU und die Bundesbank setzen Italien massiv unter Druck. Nervös
       > ist nun auch Wien.
       
   IMG Bild: Mario Monti: Trotz neuer Spitze in Rom, der Druck auf Italien bleibt.
       
       BRÜSSEL taz | Der designierte neue italienische Ministerpräsident Mario
       Monti bekam Montag zwar die volle Rückendeckung der Brüsseler
       EU-Kommission. Doch die erhoffte Wende an den Märkten blieb aus. Der
       Machtkampf um den Euro geht weiter - auch nach dem Abgang des zuletzt
       verhassten "Cavaliere" Silvio Berlusconi.
       
       Italien musste am Montag für die Aufnahme neuer Schulden einen deutlich
       höheren Preis zahlen als noch Mitte Oktober. Die Zinsen für fünfjährige
       Anleihen stiegen von 5,32 Prozent auf 6,29 Prozent. So viel musste Italien
       für Anleihen dieser Laufzeit seit Einführung des Euro noch nie hinlegen.
       Noch am Morgen war eine deutliche Entspannung erwartet worden, weil Monti
       als Kandidat der Märkte galt.
       
       Monti ist Wirtschaftsexperte und war bis 2004 Wettbewerbskommissar in der
       EU-Kommission. Wegen seines harten Durchgreifens gegen Kartellsünder erwarb
       er sich den Spitznamen "Mighty Mario". Staatspräsident Giorgio Napolitani
       hatte ihn am Sonntag mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt,
       die die von der EU geforderten Reformen umsetzen soll.
       
       ## Rente weiter mit 67
       
       Die EU-Kommission begrüßte die Nominierung ihres ehemaligen
       Topmitarbeiters, der die Brüsseler Behörde auch heute noch in
       Wirtschaftsfragen berät. Montis Ernennung sei ein "ermutigendes Signal",
       dass Italien entschlossen sei, die Krise zu überwinden, teilten
       Kommissionschef José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy
       mit.
       
       Allerdings setzten sie Monti auch gleich mit der Bemerkung unter Druck,
       dass die EU weiter die Umsetzung der auf Druck von Kanzlerin Angela Merkel
       erlassenen Auflagen überwachen werde. Dazu gehören die Heraufsetzung des
       Rentenalters auf 67 Jahren und ein Wachstumspakt, um die lahmende
       Konjunktur anzukurbeln.
       
       Zusätzlicher Druck kam aus Frankfurt, wo sich Bundesbankchef Jens Weidmann
       gegen die Stützung Italiens durch die Europäische Zentralbank (EZB)
       aussprach. Die hohen Renditen für italienische Staatsanleihen seien
       verkraftbar, so Weidmann. Italien müsse zuerst das Vertrauen der Investoren
       wiederherstellen.
       
       ## "Technokraten-Regierung"
       
       Monti will dies offenbar mit einer "Technokraten-Regierung" aus
       parteiunabhängigen Experten versuchen. Die Schlüsselfiguren dürften von der
       Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi kommen, die Monti leitet. In einer
       ersten Stellungnahme zeigte er sich zuversichtlich, dass Italien die
       Schuldenkrise in einer "kollektiven Anstrengung" überwinden könne. Sein
       Land müsse ein "Element der Stärke, nicht der Schwäche" in Europa sein.
       
       Bisher sieht es allerdings eher so aus, als könne die Krise in Italien die
       Eurozone weiter schwächen. Denn im Zuge der Italien-Krise der vergangenen
       Woche sind die Märkte erneut auf Länder wie Österreich oder Frankreich
       aufmerksam geworden, die mit der italienischen Wirtschaft stärker als etwa
       Deutschland verwoben sind. Paris und Wien fürchten deshalb bereits um ihre
       Topbonität und wollen dies mit Sparmaßnahmen und Privatisierungen abwenden.
       
       14 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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