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       # taz.de -- Kommentar neonazistische Terrorgruppe: Ständig systematisch unterschätzt
       
       > Nun spricht Innenminister Friedrich von der Notwendigkeit des Kampfs
       > gegen den Neonazismus. Zu hoffen bleibt, dass dies nicht aus
       > Opportunismus geschieht.
       
   IMG Bild: Bomben gegen Feiernde: Das Münchner Oktoberfestgelände 1973 nach dem Anschlag durch Neonazis.
       
       Für die Bundesrepublik bedeutet die Aufdeckung der neonazistischen
       Terrorgruppe einen tiefen Einschnitt. Faschistisch motivierte Anschläge und
       Morde hat es in Deutschland immer wieder gegeben. Die Täter wurden verfolgt
       und - in der Regel - gefasst und bestraft.
       
       Aber dass braune Terroristen über ein Jahrzehnt Morde begehen konnten, ohne
       dass Polizei und Verfassungsschutz ihnen je nahekamen, zwingt zu einem
       neuen Blick auf die terroristische Gefahr, die von der rechtsradikalen
       Szene in Deutschland ausgeht.
       
       Und sie wirft Fragen zur Arbeit der Verfolgungsorgane auf. Eine erste
       Antwort: Polizei und Verfassungsschutz haben das kriminelle Potenzial der
       neonazistischen Gewalttäter ständig systematisch unterschätzt.
       
       Die thüringische Polizei ließ 1998 drei Neonazis, die spätere
       Terroristengruppe, in den Untergrund abtauchen, und die rechtsradikale
       Szene wurde nicht durchkämmt. Dabei war es aktenkundig, dass es in der
       Jenaer Kameradschaftsszene und darüber hinaus Leute gab, von denen man
       annehmen musste, dass sie den Untergetauchten logistische Hilfsdienste
       leisteten. Doch lieber stellte man Mutmaßungen über ferne Zufluchtsorte der
       Einzeltäter an, anstatt sie dort zu suchen, wo sie tatsächlich
       Unterstützung genossen.
       
       Sicher, es war den Ermittlungsbehörden bei den neun Morden fast unmöglich,
       eine Verbindungslinie zu den drei untergetauchten Terroristen zu ziehen.
       Auch wurde zumindest von den Nürnberger Ermittlern die Möglichkeit eines
       rassistischen Hintergrunds der Morde zugestanden, und das Täterprofil ging
       eher von einem einheimischen Täter und nicht von ausländischen
       Killerkommandos aus. Aber Rassismus als Tatmotiv stand nie im Zentrum der
       Ermittlungsarbeit, trotz vieler Indizien.
       
       Versucht man, sich ein Bild vom Weltbild der ermittelnden Beamten zu
       machen, so trifft man auf eingefahrene Stereotype. Hauptfeind ist der
       militante Islamismus, aber auch den neuen Linksterrorismus gilt es im Auge
       zu behalten. Weshalb auch von Spiegel und anderen Medien die nazistische
       Terrorgruppe möglichst nahe an die RAF (und ihrem linken Anspruch)
       herangerückt wird.
       
       Aber die Nazi-Mordtaten erschüttern dieses Stereotyp. Innenminister
       Friedrich spricht von der Notwendigkeit des entschlossenen Kampfs.
       Opportunistischer Fahnenwechsel oder Einsicht in die Tiefe der Zäsur, die
       die Nazi-Morde bedeuten? Nicht Worte, Taten entscheiden.
       
       13 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Semler
       
       ## TAGS
       
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