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       # taz.de -- Bundestagsdebatte zu Finanzmarkt: Union will, dass Ratingagenturen haften
       
       > In einer Bundestagsdebatte zur Finanzmarktregulierung forderte der
       > CDU-Abgeordnete Flosbach, dass Ratingagenturen deutlich mehr kontrolliert
       > werden müssten.
       
   IMG Bild: Hat Frankreich aus Versehen herabgestuft: Die Ratingagentur Standard & Poor's.
       
       BERLIN dapd | Koalition und SPD drängen auf engere Fesseln für die
       Finanzmärkte, gehen in ihren Forderungen aber unterschiedlich weit. Dies
       wurde am Freitag in einer Bundestagsdebatte zur Finanzmarktregulierung
       deutlich.
       
       Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Flosbach sagte, die schwarz-gelbe Koalition
       sei bei diesem Thema führend in Europa. Der ehemalige SPD-Finanzminister
       Peer Steinbrück nannte die Bilanz der Regierung dagegen "dünn und wenig
       überzeugend".
       
       Flosbach forderte unter anderem eine "deutliche Verschärfung" der Kontrolle
       der Ratingagenturen. Die Koalition solle sich auch mit einer Haftung bei
       "grob fahrlässigen" Fehlern befassen. Er nannte die versehentliche
       Herabstufung von Frankreich durch die Ratingagentur Standard & Poor's in
       der Nacht zum Freitag "grob fahrlässig".
       
       Er erinnerte an die Kritik des Präsidenten der Bundesanstalt für
       Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, die Ratingagenturen
       seien "deutlich zu wenig" reguliert. Sie sollten genauso behandelt werden
       wie systemische Banken, forderte Sanio laut Flosbach in einer Veranstaltung
       der Unionsfraktion Anfang der Woche.
       
       Auch die sogenannten Schattenbanken müssten reguliert werden und
       außerbörsliche Finanzgeschäfte wie der Derivatehandel müsse an die Börse
       gebracht werden. Flosbach versicherte, die Union wolle die
       Finanzmarkttransaktionssteuer durchsetzen.
       
       ## Riskanten Finanzgeschäften den "Treibstoff" entziehen
       
       Steinbrück nannte es überhaupt nicht ausgeschlossen, dass sich bei jetzigem
       Stand der Finanzmarktregulierung die "Exzesse" wiederholten, die die
       Banken- und Finanzkrise ausgelöst hätten. Er forderte unter anderem die
       Trennung von Geschäfts- und Kreditbanken von den Investment- und
       Schattenbanken. Eine Wechselwirkung zwischen Risiko und Ertrag müsse
       hergestellt und den riskanten Finanzgeschäften der "Treibstoff" - die
       Einlagen der Geschäftsbanken- entzogen werden.
       
       Den Banken müsse der Handel mit Rohstoffen verboten werden, Derivate und
       Rohstoffe dürften nur noch über regulierte Plattformen gehandelt werden.
       Steinbrück, der als möglicher Kanzlerkandidat der SPD gilt, forderte die
       Koalition auf, für mehr Regulierung zunächst in der Europäischen Union (EU)
       zu sorgen. "Hier erwarten wir deutlich mehr, als Sie bisher vorgelegt
       haben", sagte er.
       
       Die Politik dürfe sich nicht mehr von dem "Killerargument" beeindrucken
       lassen, solche Schritte müssten im Kreis der G-8 oder G-20 durchgesetzt
       werden. Sie müsse vielmehr ihre Steuerungsfähigkeit zurückgewinnen und
       dürfe sich nicht erpressen lassen von den Ratingagenturen, den großen
       Banken und Abwanderungsdrohungen der Industrie, mahnte Steinbrück.
       
       Der FDP-Politiker Volker Wissing hielt Steinbrück vor, er habe als
       Finanzminister der großen Koalition "nichts von dem auf den Weg gebracht,"
       was er jetzt fordere. Vielmehr habe Schwarz-Gelb erst einmal die "Scherben
       einer irr geleiteten sozialdemokratischen Politik zusammenkehren" müssen.
       Wissing sagte, die FDP sei für eine Transaktionssteuer. Diese dürfe aber
       nicht zulasten des regulierten deutschen Marktes gehen, weil der riskante
       Handel dann nach London oder Singapur abwandere.
       
       11 Nov 2011
       
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