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       # taz.de -- Dopingsportart Gewichtheben: Die allerschwerste Aufgabe
       
       > In Paris findet momentan die Gewichtheben-WM statt. Der deutsche Verband
       > will den Doping-durchseuchten Sport weltweit sauberer machen – mit der
       > Hilfe Walther Trögers.
       
   IMG Bild: Die Thailänderin Pramsiri Bunphithak bei der WM in Paris.
       
       BERLIN/PARIS taz | Derzeit stemmen die weltbesten Heber in Paris die
       Gewichte. Doch es wird in der Öffentlichkeit meist nicht darüber
       gesprochen, wie viele Kilo ein siegreicher Kasache oder Chinese nach oben
       gewuchtet hat. Stattdessen machen seit Jahr und Tag Dopingmeldungen über
       gepimpte Gewichtheber die Runde. In den vergangenen acht Jahren hat es sage
       und schreibe 368 Dopingfälle im Gewichtheben gegeben, Athleten aus 80
       Ländern waren betroffen.
       
       Vor dieser WM mussten Heber aus Bulgarien, Zypern, Katar und Südafrika,
       Oman, Sierra Leone und Sri Lanka wieder nach Hause fahren, weil sie nicht
       zu den Wettkämpfen zugelassen wurden. Der Grund: Die sieben
       ausgeschlossenen Nationen hatten nur lückenhafte Angaben über die
       Aufenthaltsorte ihrer Athleten zum Zweck unangemeldeter Dopingkontrollen im
       Training gemacht.
       
       "Endlich werden die Regeln, die es gibt, konsequent umgesetzt", freut sich
       Christian Baumgartner, Dopingbeauftragter und überdies Vizepräsident des
       Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber (BVDG). Es ist aber nur ein kleiner
       Schritt in die richtige Richtung, denn "im Gewichtheben wird flächendeckend
       gedopt". Eine Besserung ist nicht in Sicht. Oder doch?
       
       Die Deutschen bemühen sich immerhin, verkrustete Strukturen im Weltverband
       IWF aufzubrechen. Christian Baumgartner bearbeitet gerade diverse
       Funktionäre, um für den deutschen Plan zu werben, das Dopingkontrollregime
       in neutrale Hände zu geben.
       
       Bisher war es so, dass der ungarische IWF-Chef Tamas Ajan die Urinproben
       zumeist in seiner Heimat untersuchen ließ – von der ungarischen
       Antidopingagentur Hunado. Das wollen die Deutschen aber nicht mehr.
       Unabhängige Leute sollen auch Labors in Schweden, Frankreich, Köln oder
       Kreischa einbinden, damit mehr Glaubwürdigkeit bei den Kontrollen einzieht.
       "Uns geht es um eine Supervisingfunktion, dass also auf das
       Antidopingsystem geschaut und dieses in seiner Funktionalität beurteilt
       wird", fordert Baumgartner.
       
       ## Schlampereien bei der Antidopingagentur
       
       Er spricht auch von Schlamperei bei der Hunado. "Kontrollen haben nicht
       funktioniert, weil Athleten kurz darauf im Wettkampf positiv getestet
       wurden. Es gibt deutliche Hinweise, dass nicht alle Kontrollen zu der Probe
       führen, die den Sportler repräsentiert – um es vorsichtig zu sagen." Das
       heißt wohl: Proben würden verwechselt. Und wo so etwas passiert, ist
       womöglich noch ganz anderes denkbar: Vertuschung zum Wohle von Dopern.
       
       Der BVDG ist mit seinem Vorschlag beim europäischen Verband EWF bereits
       durchgekommen. Alle 34 Delegierten stimmten geschlossen dafür. In der IWF
       hat sich aber auch schon etwas getan: Alle sechs Antidopingfunktionäre sind
       samt und sonders zurückgetreten, auch deren Chef, der Rumäne Nicu Vlad.
       
       "Das ist aber kein Protest, sondern aus der Einsicht heraus geschehen, dass
       wir jetzt ein unabhängiges Gremium brauchen", behauptet Baumgartner. Es
       gehe nicht, dass beispielsweise ein rumänischer Verbandspräsident in der
       Antidopingkommission des Weltverbandes über den Dopingfall eines
       rumänischen Sportlers entscheide, "wir brauchen da mehr Unabhängigkeit",
       findet Baumgartner.
       
       Dass es freilich Reibungen zwischen Westeuropäern und dem Balkan sowie
       zwischen Europa und Asien gibt, beweist auch die Berufung eines Mediators.
       Diese Rolle soll der Doyen des deutschen Sportfunktionärswesens, Walther
       Tröger, übernehmen. Der Mann ist 82 und blickt auf eine lange Laufbahn im
       deutschen und internationalen Sport, unter anderem war Tröger Vizepräsident
       des Internationalen Olympischen Komitees.
       
       Tröger ist eigentlich bekannt dafür, dass er problematische Themen wie
       Doping oder Stasi "eher routiniert verwaltet als elanvoll vorangetrieben
       hat", wie die FAZ schreibt. Jetzt soll er auf seine alten Tage reformieren.
       "Tröger soll dabei beraten, Strukturen zu schaffen für ein unabhängiges
       Kontrollsystem", sagt Baumgartner. Innerhalb eines Jahres wollen sie die
       Sache gestemmt haben.
       
       8 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
   DIR Gewichtheben
   DIR Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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