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       # taz.de -- Kommentar lebensmittelklarheit.de: Aigners Mogelpackung
       
       > Der Internetpranger lebensmittelklarheit.de ist in Wirklichkeit dazu da,
       > schärfere Vorschriften für Lebensmittelproduzenten zu verhindern. Das ist
       > "hinterfotzig".
       
       "Hinterfotzig" würde man im bayerischen Dialekt von Verbraucherministerin
       Ilse Aigner wohl die Strategie hinter dem Internetportal
       [1][lebensmittelklarheit.de] nennen. Die CSU-Politikerin finanziert die
       Seite offiziell, um die Industrie zu einer ehrlicheren Kennzeichnung von
       Nahrungsmitteln zu bringen.
       
       In Wirklichkeit dient das Portal dazu, schärfere Vorschriften gegen
       Verbrauchertäuschung zu verhindern. Wenn das nicht hinterlistig -
       hochdeutsch für "hinterfotzig" - ist …
       
       Dass es in Wirklichkeit um Verzögerung geht, zeigt Aigners Bilanz aus 100
       Tagen lebensmittelklarheit.de. Mehrmals wurde sie gefragt, ob sie nach der
       Masse der Beschwerden von Konsumenten bei dem Portal über Verbraucher
       täuschende Produkte Gesetze ändern wolle. Jedes Mal wich die Ministerin
       aus.
       
       Stattdessen nutzt sie das Portal, um auf Zeit zu spielen. Die Seite solle
       erst einmal Hinweise auf Regulierungslücken liefern, sagt Aigner. Dabei
       sind die Probleme seit Jahren bekannt. Dass Milch der Marke "Mark
       Brandenburg" oft nicht von dort, sondern aus Nordrhein-Westfalen kommt, hat
       der Hersteller schon Anfang des Jahres in der taz eingeräumt.
       
       Dass "Fitnessflakes" nichts mit Fitness, aber viel mit Zucker zu tun haben,
       veröffentlichte die Verbraucherorganisation Foodwatch bereits im Juni 2008.
       Wie auch die Tatsache, dass solche Missstände mit den jetzigen Gesetzen
       nicht in den Griff zu bekommen sind.
       
       Jetzt kann Aigner all das auch auf lebensmittelklarheit.de nachlesen. Doch
       Gesetze ändert sie immer noch nicht. Stattdessen will sie im Rahmen von
       "Verbraucherforschung" das Ganze wissenschaftlich untersuchen lassen. Das
       kann dauern. Vielleicht sollte die Ministerin einfach sagen, dass sie der
       Industrie strengere Regeln ersparen will - das wäre zumindest aufrichtig.
       
       27 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://lebensmittelklarheit.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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