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       # taz.de -- Hoffen auf UN-Kulturorganisation: Palästinenser wollen zur Unesco
       
       > In den kommenden Tagen stimmt die Unesco über einen Antrag Palästinas auf
       > Vollmitgliedschaft ab. Die USA drohen, ihre Beitragszahlungen zu stoppen,
       > sollte Palästina Mitglied werden.
       
   IMG Bild: Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas will Vollmitglied der Unesco werden.
       
       PARIS afp | Bei ihrem Streben um internationale Anerkennung richten die
       Palästinenser ihre Hoffnungen nun auf die UN-Kulturorganisation in Paris.
       In der französischen Hauptstadt könnte die Generalkonferenz der
       UN-Teilorganisation in den kommenden Tagen über einen Antrag Palästinas auf
       Vollmitgliedschaft abstimmen.
       
       Diplomaten zufolge können die Palästinenser damit rechnen, die notwendige
       Zweidrittel-Mehrheit der 193 Mitgliedsländer zu erhalten - zumal der Antrag
       im Oktober im Exekutivrat der Unesco mit großer Mehrheit gebilligt wurde.
       Von den 58 Mitgliedern dieses Gremiums stimmten nur vier gegen eine
       Aufnahme - die USA, Deutschland, Lettland und Rumänien.
       
       Doch noch steht kein Datum für das Votum in der Generalkonferenz fest, und
       seit Auftakt der zweiwöchigen Sitzungsperiode am Dienstag setzen die USA
       und die Europäer alle Hebel in Bewegung, um die Abstimmung noch zu
       verhindern. US-Außenministerin Hillary Clinton hat ihren Gesandten für den
       Nahen Osten, David Hale, damit beauftragt, die Palästinenser zum Einlenken
       zu bewegen.
       
       Clinton verweist auf die laufenden Beratungen in der UNO, wo die
       Palästinenser ebenfalls die Vollmitgliedschaft erlangen wollen. Ähnlich
       argumentieren europäische Länder, allen voran Deutschland und Frankreich.
       Eine Abstimmung in der Unesco sei verfrüht, meint Paris. Zunächst solle das
       Verfahren bei der UNO abgewartet werden, sagte ein deutscher Diplomat bei
       der Unesco.
       
       Bei dem Tauziehen geht es auch um viel Geld. Denn die USA drohen, ihre
       Beitragszahlungen an die Unesco zu stoppen, sollte Palästina Mitglied
       werden. Die UN-Organisation würde damit jährlich rund 70 Millionen Dollar
       verlieren - gut ein Fünftel ihres Haushalts. Die USA berufen sich dabei auf
       zwei Gesetze aus den 90er Jahren, die finanzielle Unterstützungen für
       Organisationen untersagen, in denen Palästina Vollmitglied ist.
       
       Andererseits hat auch Washington kein Interesse an einem Bruch mit der
       Unesco. Zwar hatten die USA die Kulturorganisation 20 Jahre lang (von 1984
       bis 2003) boykottiert - unter anderem, weil sie ihr schlechte
       Haushaltsführung vorwarfen. Doch heute nehmen sie wieder aktiv an den
       Programmen der Unesco teil, in der Hoffnung, dass damit bestimmte westliche
       Werte vermittelt werden.
       
       ## Die Quadratur des Kreises
       
       Über den Antrag auf Anerkennung eines Palästinenserstaates durch die UNO
       könnte der UN-Sicherheitsrat am 11. November entscheiden. Ein Scheitern
       dieses Ansinnens gilt als sicher, weil die USA bereits ihr Veto angekündigt
       haben. In der Unesco hingegen hat Washington kein Vetorecht. Sollte es in
       den kommenden Tagen zu einer Abstimmung kommen und Palästina aufgenommen
       werden, kann Washington dies nicht verhindern.
       
       Am kommenden Montag will der palästinensische Außenminister Rijad el Malki
       vor der Unesco-Generalkonferenz für die Aufnahme werben. Amerikanische und
       europäische Diplomaten dürften dann abermals versuchen, einen Rückzug des
       Antrags zu erreichen. Sie wollen Palästina den Beitritt zu drei Abkommen
       vorschlagen, die auch Nichtmitgliedern offenstehen. Eines davon ist das
       Abkommen über das Weltkulturerbe. Damit könnten die Palästinenser
       beantragen, dass historische Stätten wie die Geburtskirche in Bethlehem zum
       Weltkulturerbe erklärt werden.
       
       Bisher hält die palästinensische Autonomiebehörde aber trotz des Drucks an
       ihrem Antrag fest. "Der Beitritt zum Abkommen reicht nicht, es muss mehr
       sein", räumt eine Diplomatin bei der Unesco ein. Gesucht werde nun eine
       Lösung, die von Washington und den Palästinensern akzeptiert werden könne.
       "Dies ist die Quadratur des Kreises".
       
       27 Oct 2011
       
       ## TAGS
       
   DIR Unesco
       
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