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       # taz.de -- Norwegischer Hetzblogger hat's schwer: Eine Spende für "Fjordman"
       
       > Seit sich der islamfeindliche Blogger "Fjordman" nach den
       > Breivik-Terrortaten selbst geoutet hat, läuft alles schief: Job und
       > Wohnung ist er los. Und im TV spottet man über ihn.
       
   IMG Bild: "Es ist unglaublich, wie verletzt diese Szene nun reagiert", sagt "Trygdekontoret"-Moderator Thomas Seltzer.
       
       STOCKHOLM taz | Arbeit verloren, die Wohnung gekündigt, im Internet betteln
       gehen müssen und dann auch noch im Fernsehen verarscht werden: Peder Are
       Nøstvold Jensen hat es schwer, seit er sich im August selbst als der
       islamkritische Hetzer geoutet hat, der seit 2005 unter dem Pseudonym
       "Fjordman" durch die einschlägige Internetszene gegeistert war.
       
       Die Osloer Sozialfürsorgeeinrichtung, für die der 36-jährige gearbeitet
       hatte, gefiel Jensens Nebenjob als "Fjordman" offenbar nicht so besonders,
       und weil auch die Wohnung weg ist, habe er beschlossen an anderer Stelle
       neu anzufangen, zitiert ihn der norwegische Rundfunk NRK.
       
       Nun muss man zwar auch als Arbeitsloser im Sozialstaat Norwegen nicht am
       Hungertuch nagen, aber "Fjordman" hielt es jedenfalls für angebracht, einen
       Spendenaufruf in eigener Sache zu starten. "I would be grateful if you
       donated a few bucks", schreibt er auf dem Blog "[1][Vlad Tepes]". Andere
       gleichgesinnte Internetseiten linken zu diesem Spendenaufruf - und darf man
       aus den Kommentaren schließen: offenbar nicht vergebens.
       
       Wieviel Spenden nach 14 Tagen zusammengekommen sind, will Jensen auf
       NRK-Anfrage nicht sagen und auch nicht, wo sein "neues Leben" beginnen
       soll. Als "Fjordman" will er offenbar nicht mehr weiterbloggen, alle seine
       neuen Posts seit August laufen unter seinem richtigen Namen.
       
       ## Gleich mehrere Bücher
       
       Nach dem vielfachen Bezug des Massenmörders Anders Breivik in seinem
       "Manifest" auf ihn als großes Vorbild habe er an diesem Pseudonym "die Lust
       verloren", erklärte Jensen gegenüber norwegischen Medien: Er wolle nicht
       mit so einer Person in Verbindung gebracht werden. Doch wird der in der
       Szene offenbar attraktive Verfassername "Fjordman" erst einmal noch in
       einer Reihe von Buchaugaben vermarktet, für die einige seiner Texte in
       verschiedene Sprachen übersetzt worden sind – auch eine deutsche Ausgabe
       soll dieser Tage erscheinen.
       
       Es sollen "mehrere" Bücher werden, kündigt Jensen an. Und am Montag
       erschien in Norwegens auflagenstärkster Tageszeitung Aftenposten ein von
       ihm unterzeichneter Debattenbeitrag, in dem er den norwegischen Rechtsstaat
       in der Folge des 22. Juli – der Tag der Breivik-Terrortaten – kritisiert.
       Vor allem was seine eigene Behandlung durch Polizei und Staatsanwaltschaft
       angeht. Jensen war als Zeuge und möglicher Mittäter verhört worden.
       
       Die Vorstellung, es gebe eine Art "psychische Mittäterschaft", weil sich
       eine "verwirrte Person" auf seine Texte bezogen habe, weist er als absurd
       zurück: Mit dieser Logik müsse man jeden, der den Koran vertreibe, als
       Mittäter für dschihadistische Terrortaten zur Verantwortung ziehen, werde
       doch im Koran zu Gewalt gegenüber Ungläubigen aufgerufen.
       
       ## Handfeste Drohungen gegen Satiresendung
       
       Die norwegische Justiz habe sich in seiner Sache von der Einschätzung der
       Massenmedien hetzen lassen und sich als "Gesinnungspolizei" erwiesen. Eine
       rechtsstaatlich einwandfreie Begründung für die beim ihm durchgeführte
       Hausdurchsuchung, die Beschlagnahme von Büchern, Dokumenten und seinem
       Computer gebe es jedenfalls nicht. In Norwegen sei ein gefährlicher
       Präzedenzfall geschaffen worden, und es habe eine Vorgehensweise gegeben,
       wie sie bisher nur in totalitären Staaten üblich gewesen sei.
       
       In einer Mail an NRK beschwert sich Jensen auch darüber, wie er im
       öffentlich-rechtlichen Fernsehen behandelt werde. Das Debattenprogramm
       "Trygdekontoret" ("Sozialamt") hatte Einspieler produziert, in dem nach
       Aussage der Redaktion einsame wütende Männer aufs Korn genommen werden
       sollten, die mit Allmachtphantasien vor dem Computerschirm sitzen und von
       dort Gift und Galle über das Internet verbreiten. Heraus kam der Charakter
       des behinderten Rollstuhlfahrers „Heine Fjordland“.
       
       "Es ist unglaublich, wie verletzt diese Szene nun reagiert", sagt
       "Trygdekontoret"-Moderator Thomas Seltzer. Es habe eine Welle von
       Rückmeldungen gegeben, "die kaum anders denn als handfeste Drohungen" zu
       verstehen seien. Man habe zwar mit negativen Reaktionen seitens von
       Behindertenorganisationen gerechnet – die nicht gekommen seien -, aber
       nicht damit. Seltzer: "Wenn Fjordman zweihundertmal im Manifest eines
       Massenmörders genannt wird, muss er schon ertragen, ein wenig rangenommen
       zu werden."
       
       25 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://vladtepesblog.com/?p=38811
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
   DIR Islamophobie
       
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