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       # taz.de -- Regierungsbildung in Lettland: Rechtsextremisten als Koalitionspartner
       
       > In der neuen Koalition von Ministerpräsident Dombrovskis sitzt auch die
       > rechtsextreme "Nationale Allianz". Doch mit dem Bündnis könnte es bald
       > wieder vorbei sein.
       
   IMG Bild: Schließt baldige Neuwahlen nicht aus: Lettlands Regierungschef Valdis Dombrovskis.
       
       STOCKHOLM taz | "Verschwendete Zeit, herausgeworfenes Geld": Auf diese
       außerplanmäßige Parlamentswahl hätte man gut verzichten können, schreibt
       die lettische Wirtschaftszeitung Dienas Bizness. Lettland hat fünfeinhalb
       Wochen nach den Parlamentswahlen eine neue Regierung. Mit 57 zu 38 Stimmen
       bestätigte das Parlament am Dienstag den alt-neuen Ministerpräsidenten
       Valdis Dombrovskis. Neben der Person dürfte sich die Regierungspolitik kaum
       ändern.
       
       Mit der Notwendigkeit die Macht der Oligarchen über die Politik des Landes
       zu brechen, hatte der damalige Staatspräsident Valdis Zatlers im Sommer die
       Auflösung des Parlaments und Neuwahlen nur ein Jahr nach den letzten
       regulären Wahlen begründet. Das Resultat: Der neuen Koalition aus der
       "Einheit" des alt-neuen Ministerpräsidenten Dombrovskis und der von Zatlers
       nach dem Verlust seines Präsidentenamtes gegründeten "Zatlers-Reformpartei"
       wird nun tatsächlich die bisherige Regierungspartei "Bauern und Grüne"
       nicht mehr angehören. Sie gilt als Marionette des Oligarchen Aivars
       Lembergs.
       
       Doch an ihre Stelle rückt als Mehrheitsbringer das Bündnis "Nationale
       Allianz", das von der rechtsextremen Partei "Alles für Lettland"
       kontrolliert wird. Deren Parteiemblem lässt spontan an ein halbes
       Hakenkreuz denken. Dass dies mit lettischer Mythologie verbrämt wird, macht
       den "positiven Nationalismus", den diese Partei verspricht, nicht
       angenehmer. Beinhaltet er doch, dass Hunderttausende Bürger allein wegen
       ihrer nichtlettischen Herkunft das Land verlassen sollen, weil sie
       "Okkupanten" und "Kolonialisten" seien. Dass man neben der russischen auch
       mal vor der "russisch-jüdischen" Gefahr warnt, die Lettland angeblich
       droht, passt zum Engagement der Partei bei den jährlichen SS-Gedenkfeiern.
       
       Dombrovskis weist darauf hin, dass die "Nationale Allianz" ja die
       Koalitionsvereinbarung unterschrieben habe, in der es heißt, dass es in
       Lettland heute keine Okkupanten mehr gebe. Doch haben die
       Ultranationalisten ihre Unterschrift mit einem "Erklärungsdokument" gleich
       wieder ad absurdum geführt, in dem sie klarstellen, dass sich an ihrer
       Einschätzung zum Status der russischen Bevölkerungsgruppe nichts geändert
       habe.
       
       So recht an seine neue Koalition glaubt offenbar nicht einmal der
       Ministerpräsident: Eine erneute Parlamentsauflösung und vorzeitige
       Neuwahlen seien aufgrund der schwierigen Mehrheitsverhältnisse "keine
       Science-Fiction", erklärte Dombrovskis in seiner Regierungserklärung.
       
       25 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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