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       # taz.de -- Kommentar Gefangenenaustausch: Die drei Sieger
       
       > Die Befreiung Schalits wird Netanjahu von seinem Volk hoch angerechnet.
       > Sie wird beim nächsten Wahlkampf wichtig sein, wenn die Terroristen nicht
       > erneut bomben.
       
       Für Benjamin Netanjahu hätte der Gefangenenaustausch nicht besser laufen
       können. Die Bilder des vor dem Regierungschef salutierenden Soldaten und
       die des Premiers an der Seite von Vater und Sohn Schalit sind goldwert.
       Auch wenn die gelungene Geiselbefreiung Netanjahu nicht von den zu Hause
       drängenden sozialen Problemen befreit: Israels Regierungschef schlägt
       daraus Profit.
       
       Die Befreiung Schalits wird Netanjahu von seinem Volk hoch angerechnet. Sie
       wird auch beim nächsten Wahlkampf noch eine Rolle spielen - vorausgesetzt,
       die eben auf freien Fuß gesetzten Terroristen lassen vom gewaltsamen Kampf
       gegen die Besatzung ab. Sollte es jedoch zu einer neuen Welle von
       Bombenanschlägen und israelischen Terroropfern kommen, wird die Stimmung in
       Israel umschlagen - gegen Netanjahu und gegen die Familie Schalit.
       
       Der Handel von 1.027 palästinensischen Häftlingen für eine israelische
       Geisel ist vermutlich Teil eines Abkommens. Schon ist von einer Lockerung
       und gar dem Ende der Blockade Gazas die Rede. Umgekehrt dürfte sich die
       Hamas gegenüber Israel dazu verpflichtet haben, Sorge dafür zu tragen, dass
       die Entlassenen nicht zum Terror zurückkehren. Das Abkommen bricht also
       ansatzweise den gegenseitigen Boykott auf, an dem Israel und die Hamas
       offiziell noch festhalten.
       
       Die Hamas ist politisch so stark wie nie zuvor. Die Bilder der
       heimkehrenden Häftlinge stellen den Auftritt von Palästinenserpräsident
       Mahmud Abbas bei der UN-Generalversammlung in den Schatten. Der gewaltsame
       Kampf der Islamisten erweist sich als effektiver als der Versuch, den
       Prozess per friedlichen Dialog voranzutreiben. Dennoch könnte die Hamas
       gerade aufgrund der großen Popularität im Volk jetzt flexibler auf die
       Fatah und schließlich auch auf Israel zugehen. Zentraler Knackpunkt ist die
       offizielle Abkehr von der Gewalt, die die Islamisten de facto doch längst
       praktizieren.
       
       Ägypten schließlich wirkte bei den Verhandlungen vermittelnd. Damit hat die
       Übergangsregierung in Kairo gezeigt, dass sie trotz aller innenpolitischer
       Probleme über die eigenen Grenzen hinaus eine wichtige Rolle spielen kann.
       Ägypten hat zudem ein starkes Interesse daran, den moderaten Kräften im
       Gazastreifen den Rücken zu stärken. Denn ein erneuter militärischer
       Konflikt zwischen Israel und der Hamas würde die Beziehungen Kairos zu
       Jerusalem und damit auch zu den USA belasten.
       
       18 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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