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       # taz.de -- EU-Troika muss nächste Tranche empfehlen: Griechenland wird noch kleiner gespart
       
       > Kürzungen und Entlassungen im staatlichen Bereich, neue Steuern auf Tabak
       > und Spirituosen – und Heizen wird teurer. Für die neue Milliarden-Tranche
       > muss Griechenland noch mehr sparen.
       
   IMG Bild: Das ist alles kein Spaß mehr. Auch nicht für Griechenlands Finanzminister Venizelos.
       
       BRÜSSEL/ATHEN dpa | Die Griechen müssen sich auf weitere drastische
       Kürzungen gefasst machen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou berief für
       heute (Mittwoch) eine Sondersitzung des Kabinetts in Athen ein. Wie die
       griechische Presse berichtete, sollen dabei "noch nie dagewesene"
       Sparmaßnahmen beschlossen werden. Gewerkschaften rechneten mit
       Zehntausenden Entlassungen im staatlichen Bereich, Kürzungen von Renten und
       Gehältern von Staatsbediensteten und neuen indirekten Steuern für Tabak und
       Spirituosen.
       
       Erwartet wird auch, dass das Heizen teurer wird, weil der Preis von Heizöl
       an den für Diesel angeglichen werden könnte. Zudem soll eine neue
       Immobilien-Sondersteuer erhoben werden. Jeder Besitzer eines Hauses oder
       einer Wohnung soll je nach Wert der Immobilie zwischen 0,5 bis 16 Euro pro
       Quadratmeter zahlen.
       
       Athen will den aufgeblähten Staatsapparat drastisch verkleinern. Die Zahl
       der Staatsbediensteten solle sich im Vergleich zu 2009 um 50 000 sofort und
       bis 2015 um weitere 100 000 verringern, schätzte die Presse in Athen. 117
       staatlich unterstützte Betriebe sollen sobald wie möglich schließen. Im
       Staatssektor arbeiten nach offiziellen Angaben mehr als 700 000
       Bedienstete, hinzu kommen rund 200 000 Mitarbeiter in staatlich
       subventionierten Unternehmen wie dem Fernsehen oder der
       Elektrizitätsversorgung.
       
       ## Troika-Telefonkonferenz
       
       Die Gewerkschaften haben bereits Streiks für den 6. Oktober angekündigt.
       Viele Beobachter gehen davon aus, dass die allein regierenden Sozialisten
       dem Druck nicht werden standhalten können und schließen vorgezogene Wahlen
       oder die Bildung einer großen Koalition mit den Konservativen nicht aus.
       
       Andererseits darf Athen weiter auf neue Finanzhilfen der anderen
       Euro-Staaten hoffen. Die Kontrolleure der EU-Kommission, der Europäischen
       Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden Anfang
       kommender Woche wieder nach Athen zurückkehren. Dies wurde nach einer
       Telefonkonferenz der sogenannten Troika mit dem griechischen Finanzminister
       Evangelos Venizelos am Dienstagabend in Brüssel von der EU-Kommission
       mitgeteilt.
       
       Bei den telefonischen Beratungen der Experten seien "gute Fortschritte"
       gemacht worden, hieß es in der Mitteilung. Schon in den kommenden Tagen
       werde es "technische Diskussionen" in Athen geben. Auch die griechische
       Seite sprach von "guten Fortschritten". Venizelos kündigte an, er werde am
       Wochenende nach New York reisen, um auch den IWF über die Entschlossenheit
       der Regierung in Athen zu informieren.
       
       ## Nächste Tranche: acht Milliarden
       
       Ein positiver Bericht der "Troika" über die Athener Budgetsanierung ist
       Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht
       Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro. Von
       diesem Bericht hängt alles ab: Fließen die Milliarden nicht, droht
       Griechenland nach offiziellen Angaben aus Athen im Oktober die Pleite.
       
       Derweil rechnet die Ratingagentur Fitch fest mit einer Pleite
       Griechenlands. Dennoch sei zu erwarten, dass der hoch verschuldete Staat in
       der Eurozone bleibe, schrieb David Riley, zuständig für die staatliche
       Bonitätseinstufungen bei Fitch in einem Kommentar vom Dienstag. Die Sorge,
       dass die Eurozone auseinanderbrechen könnte, hält die Ratingagentur für
       weit übertrieben. Sie erwartet auch nicht, dass der Zusammenbruch von
       Finanzinstituten zugelassen wird, die für das Finanzsystem wichtig sind.
       
       ## Euro-Abschied: Ökonomisch Widersinnig
       
       Ein Euro-Abschied Griechenlands wäre ökonomisch widersinnig, erklärt Riley.
       Falls das Land mit Einverständnis der Partner (weil es anders nicht ginge
       und vorgesehen sei) austrete, dann werde dadurch nur ein riskanter
       Präzedenzfall geschaffen. Denn auch die Glaubwürdigkeit anderer Staaten, in
       der Eurozone zu bleiben, werde untergraben. Andere Euro-Krisenländer würden
       dann schneller der Gefahr der Kapitalflucht ausgesetzt, das Risiko einer
       Staatsschulden- und Bankenkrise würde extrem steigen.
       
       Athen beschafft sich unterdessen weiter kleinere Summen auf dem
       Finanzmarkt. Am Dienstag wurden nach Angaben des Finanzministeriums 1,625
       Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 13 Wochen aufgenommen. Der Zinssatz
       beträgt 4,56 Prozent; leicht höher als im August dieses Jahres, als
       Griechenland sich eine ähnliche Summe lieh - damals zu 4,50 Prozent.
       Griechenland braucht dringend auch diese kleinere Summen. Es gehe dabei
       auch darum, die Märkte zu testen, erklärten Beobachter.
       
       21 Sep 2011
       
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