# taz.de -- EU-Schuldenkrise: Italiens Bonität herabgestuft
> Kreditwürdigkeit gesenkt, Ausbilck "negativ": Die Ratingagentur Standard
> & Poor's hat die Bonität Italiens nach unten korrigiert. Und Griechenland
> verhandelt weiter mit der EU-Troika.
IMG Bild: Die Stühle des italienischen Parlaments leer wie die Staatskasse - die Folge: Herabstufung der Bonität.
NEW YORK / BRÜSSEL dapd/dpa/rtr | Die Ratingagentur Standard & Poor's hat
die Kreditwürdigkeit Italiens um eine Stufe herabgesenkt. Wie die Agentur
am späten Montagabend mitteilte, bleibt der weitere Ausblick zudem
"negativ". Die Bewertung der langfristigen Bonität wurde von A+ auf A
korrigiert, die für die kurzfristige Kreditwürdigkeit von A-1+ auf A-1. Als
Begründung wurden die schwachen wirtschaftlichen Wachstumsaussichten und
die hohen Staatsschulden genannt.
"Was wir als die zaghafte Antwort auf den jüngsten Druck der Märkte
betrachten, legt eine anhaltende politische Unsicherheit bezüglich des
Umgangs mit den wirtschaftlichen Herausforderungen nahe", schrieb der
geschäftsführende S&P-Direktor David Beers. Die Ratingagentur gehe davon
aus, dass mit der aktuell reduzierten wirtschaftlichen Aktivität die von
der Regierung gesteckten Sparziele nur schwer erreicht werden könnten. Die
Prognose für die jährliche Wachstumsrate bis 2014 änderte Standard & Poor's
von 1,3 Prozent auf 0,7 Prozent.
Wegen Zweifeln an seiner Haushaltspolitik steht Italien seit dem Frühsommer
unter erheblichem Druck der Finanzmärkte. Italien ist die drittgrößte
Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land ächzt unter einem Schuldenberg von
1,9 Billionen Euro. Die Verschuldung liegt bei 120 Prozent des
Bruttosozialprodukts und ist damit eine der höchsten in der EU. In der
vergangenen Woche stimmte die Regierung einem Sparpaket über 54 Milliarden
Euro zu.
Derweil kämpft die griechische Regierung weiter mit aller Macht um die
dringend benötigten Milliarden aus dem Hilfsprogramm von EU und vom IWF.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos zeigte sich am Montag zu
harten Einschnitten bereit. Dazu gehört nach seinen Worten auch die
Schließung von unrentablen Unternehmen, die von staatlichen Subventionen
abhängen - bis zum Jahresende.
## Zuversicht nach Gesprächen
Am Abend hatte Venizelos telefonisch mit der "Troika" aus EU,
Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB)
verhandelt. Er will die Missionschefs bewegen, ihre Arbeiten in Athen
wieder aufzunehmen. Nach dem überraschend schnellen Ende der
Telefonkonferenz bewertete sein Ministerium die Gespräche als "substanziell
und produktiv". Ein Sprecher des Athener Außenministeriums sagte am späten
Montagabend: "Die Gespräche sind gut gelaufen. Wir sind zufrieden und
zuversichtlich, dass sie gut abgeschlossen werden".
Nach Angaben des Ministeriums und der EU-Kommission sollen die Gespräche am
Dienstagabend fortgesetzt werden. Weitere Details wurden zunächst nicht
bekannt.
Ein positiver Bericht der Troika über die Athener Budgetsanierung ist
Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht
Milliarden Euro aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro.
Fließen die Milliarden nicht, droht Griechenland nach offiziellen Angaben
in Athen im Oktober die Zahlungsunfähigkeit.
## Hängepartie belastet Euro
Die Delegation hatte die Regierung Anfang September aufgefordert, noch mehr
für die Sanierung der Staatsfinanzen zu tun und war überraschend ohne
positives Votum aus Athen abgereist. Die Hängepartie belastete am Montag
auch den Euro sowie die Aktienmärkte.
Die EU-Kommission dringt gegenüber dem hoch verschuldeten Griechenland auf
die vereinbarten Spar-, Reform- und Privatisierungsziele, wie ein Sprecher
von EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel bekräftigte. "Falls
es Unzulänglichkeiten geben sollte, müssen weitere Maßnahmen ergriffen
werden." Zugleich trat der Sprecher Spekulationen entgegen, wonach die EU
von sich aus mehr von Athen verlange: "Wir wollen eine volle Erfüllung der
vereinbarten Ziele - nicht mehr, nicht weniger."
Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es, die "Troika" fordere die
Einhaltung längst gegebener Zusagen. Darunter sei der Ausgleich des Preises
für Heizöl (bislang rund 90 Eurocent) mit dem Treibstoffdiesel (etwa 1,40
Euro). Zudem sollen rund 50.000 Staatsbedienstete sofort und weitere
100.000 bis 2015 entlassen werden. 117 Betriebe, die vom Staatshaushalt
unterstützt werden, müssen so bald wie möglich schließen. Zentrale weitere
Maßnahme für die Sanierung der Staatsfinanzen soll die bereits angekündigte
Immobilien-Sondersteuer sein.
## Kein Volksentscheid über Verbleib in Euro-Zone
Griechenland will nicht in einem Referendum über den Verbleib in der
Euro-Zone abstimmen. Das sagte ein griechischer Regierungssprecher am
Dienstag und wies damit einen entsprechenden Bericht zurück.
Die Tageszeitung Kathimerini hatte unter Berufung auf nicht genannte
Quellen berichtet, Ministerpräsident Giorgos Papandreou erwäge eine
Volksabstimmung über die Frage, ob das Land die Gemeinschaftswährung
verlassen soll oder seine Schuldenkrise innerhalb des Währungsraums zu
bewältigen versucht.
20 Sep 2011
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