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       # taz.de -- Entscheidung über Finanzhilfe vertagt: Griechen müssen weiter zittern
       
       > Die Finanzminister der Euro-Staaten vertagen die Entscheidung für neue
       > Hilfen auf Oktober – und lassen ihren US-Amtskollegen Timothy Geithner
       > abblitzen.
       
   IMG Bild: Auf eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms konnten sich die Finanzminister in Breslau nicht einigen.
       
       BRÜSSEL taz | Die Europäische Union und die USA finden keine gemeinsame
       Linie im Kampf gegen die Schuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks. Bei
       einem Treffen am Freitag in Breslau kündigten die EU-Finanzminister zwar
       eine engere transatlantische Zusammenarbeit an, um die Finanzmärkte zu
       stabilisieren und die Spekulation gegen den Euro einzudämmen.
       
       So sollen die Zentralbanken wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008
       gemeinsam intervenieren, um Panikverkäufe zu verhindern.
       
       US-Finanzminister Timothy Geithner blitzte jedoch mit dem Vorschlag ab, den
       Eurorettungsschirm EFSF massiv auszuweiten und ein milliardenschweres
       Konjunkturprogramm nach US-Vorbild aufzulegen.
       
       Auch das von der Pleite bedrohte Griechenland bekam einen empfindlichen
       Dämpfer: Neue Hilfsgelder soll es erst im Oktober geben, hieß es in
       Breslau. Die Regierung in Athen braucht allerdings bereits Mitte nächsten
       Monats frisches Geld, sonst droht die Zahlungsunfähigkeit.
       
       Damit beginnt in der Eurozone eine neue Zitterpartie - dabei wollten die
       USA genau dies verhindern. Geithner war eigens nach Breslau gereist, um die
       Europäer von der Dringlichkeit neuer Griechenland-Hilfen zu überzeugen.
       
       Was wie eine vielversprechende Premiere aussah - noch nie hatte ein
       US-Finanzminister an den exklusiven Beratungen der Eurogruppe teilgenommen
       -, endete als Flop.
       
       Die USA fürchten, dass sich die Eurokrise zu einer globalen Finanzkrise
       ausweitet und eine neue Rezession auslöst. Geithner forderte, die Europäer
       müssten entschlossener vorgehen - und nicht nur sparen, sondern auch etwas
       fürs Wachstum tun.
       
       Als Vorbild nannte er ausgerechnet die USA, die selbst nur knapp an der
       Staatspleite vorbeigeschrammt sind - sich nun aber dank eines
       Konjunkturprogramms berappeln wollen. Auch für den Eurorettungsschirm EFSF
       hatte Geithner Lektionen parat - er könne nach US-Vorbild effizienter
       eingesetzt werden.
       
       Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die meisten anderen
       Europäer schalteten auf stur - wie schon eine Woche zuvor, als Geithner
       beim Treffen der sieben wichtigsten Industriestaaten (G 7) in Marseille
       abgeblitzt war.
       
       ## Schäuble gibt Hausaufgaben auf
       
       Erst einmal müssten alle ihre Hausaufgaben machen und Schulden abbauen, so
       Schäuble: "Wir müssen auf beiden Seiten des Atlantiks unsere Probleme
       lösen, um mehr Stabilität in die Finanzmärkte zu bekommen. Das ist die
       Hauptursache, warum wir in der globalen wirtschaftlichen Entwicklung eine
       Abschwächung befürchten müssen." Für neue Konjunkturprogramme sei derzeit
       kein Platz.
       
       Ähnlich äußerte sich Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker: Die
       Budgetkonsolidierung habe in Europa oberste Priorität, so der Luxemburger.
       Allerdings setzte er etwas andere Akzente als Schäuble.
       
       "Wir brauchen ein weltweit abgestimmtes Vorgehen", sagte er - allein könne
       Europa die Panik an den Finanzmärkten nicht in den Griff bekommen. Noch am
       Donnerstag mussten die Notenbanken in Europa, den USA, Japan und
       Großbritannien gemeinsam intervenieren, um den Geldfluss in der Eurozone in
       Gang zu halten. Ähnliche Aktionen soll es offenbar auch künftig geben.
       
       Sie könnten bald nötig werden - denn in Griechenland zeichnet sich nach dem
       Treffen der Finanzminister eine weitere Eskalation ab.
       
       Nicht nur die Zahlung der nächsten Hilfstranche von 8 Milliarden Euro hängt
       in der Luft. Auch die Zustimmung Finnlands ist weiter unsicher. Die Finnen
       fordern von den Griechen einen Pfand - doch welchen, blieb auch in Breslau
       unklar.
       
       16 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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