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       # taz.de -- Nach Festnahme von Terrorverdächtigen: Auf auf zur Sicherheitsdebatte
       
       > Über eine Haft der festgenommenen Anschlagsverdächtigen wird am Freitag
       > in Berlin entschieden. Derweil geht auf politischer Ebene reflexartig die
       > altbekannte Sicherheitsdebatte los.
       
   IMG Bild: Ermittler tragen Dokumente aus der Wohnung eines Festgenommenen.
       
       BERLIN dpa/rtr | Nach der Festnahme von zwei mutmaßlichen Terroristen in
       Berlin entscheidet sich am heutigen Freitag, ob die beiden Männer in Haft
       kommen oder freigelassen werden müssen. Ihnen müsse ein dringender
       Tatverdacht nachgewiesen werden, sagte ein Sprecherin der
       Staatsanwaltschaft.
       
       Rein rechtlich dürfen die beiden Männer bis zum Ablauf des Tages nach der
       Festnahme ohne Haftbefehl festgehalten werden. Dann müssen sie nach Angaben
       der Staatsanwaltschaft "entweder vorgeführt oder freigelassen" werden. Der
       für politische Straftaten zuständige Staatsschutz hat die Ermittlungen
       übernommen.
       
       Die beiden am Donnerstag festgenommenen Männer arabischer Herkunft sollen
       sich für den Bau einer Bombe Chemikalien besorgt haben. Vermutlich wollten
       sie einen Sprengsatz aus Kältepackungen und einer Säure herstellen. Was sie
       genau planten oder wem ein möglicher Anschlag gelten sollte, war zunächst
       nicht bekannt. Die Tatsache, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen
       nicht übernahm, spricht gegen eine größere Dimension.
       
       Bei den Festgenommenen handelt es sich um einen 28-jährigen Mann aus dem
       Gazastreifen und einen 24-jährigen Deutschen libanesischer Abstammung, der
       in Berlin Medizin studiert. Im Moment gingen die Behörden davon aus, dass
       die Planungen nicht aus dem Ausland koordiniert worden seien, sagte der
       Berliner Innensenator Ehrhart Körting im Deutschlandfunk. "Es handelt sich
       offenbar um zwei Täter, die sich hier entschlossen haben, etwas
       vorzubereiten." Die Planungen hätten sich noch in einem sehr frühen Stadium
       befunden.
       
       ## Vorbereitung eines Terroranschlags strafbar
       
       Gegen die beiden mutmaßlichen Terroristen wird auf der Grundlage des
       Paragrafen 89 a des Strafgesetzbuches ermittelt, der 2009 neu geschaffen
       wurde. Danach ist auch die Vorbereitung eines Terroranschlages strafbar.
       Die neue gesetzliche Regelung hatte die große Koalition von CDU/CSU und SPD
       im Bundestag gegen FDP, Grüne und Linke durchgesetzt.
       
       Innensenator Körting warnte davor, die Festnahmen zum Anlass zu nehmen, um
       die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu fordern. In dem
       aktuellen Fall hätte die Vorratsdatenspeicherung den Ermittlern nichts
       gebracht. Die Sicherheitsbehörden hätten die beiden Verdächtigen seit
       einiger Zeit beobachtet. Unionspolitiker sehen das wiederum anders. "Die
       Festnahmen zeigen, dass die terroristische Bedrohung in Deutschland nach
       wie vor sehr hoch ist", sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder den in
       Dortmund erscheinenden Ruhr Nachrichten.
       
       "Die FDP muss endlich ihren Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung
       aufgeben", sagte der CDU-Politiker und griff Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger direkt an. "Eine Justizministerin, die die
       Umsetzung einer verbindlichen EU-Richtlinie verweigert, ist ein Problem",
       sagte er. "Wir müssen hier im Herbst in der Koalition zu einem Ergebnis
       kommen."
       
       ## Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung
       
       Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl,
       sagte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung: "Ich hoffe, dass
       die Verbindungsdaten der Verdächtigen noch gespeichert und nicht dem
       Wegfall der Vorratsdatenspeicherung zum Opfer gefallen sind." Denn nur so
       könne festgestellt werden, ob hinter den Tätern Netzwerke stehen.
       
       Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hielt
       Leutheusser-Schnarrenberg vor, sie liege mit ihren Argumenten "völlig
       daneben". Er frage sich, was an der Speicherung solcher Daten verwerflich
       sei, sagt er der Zeitung Die Welt. "Es werden ja keineswegs alle Bürger
       überwacht, sondern auf diese Daten wird nur im Fall eines Verdachts
       zugegriffen". Eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung sei dringend
       erforderlich.
       
       Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann forderte ein bundesweites
       Anti-Radikalisierungs-Programm. "Wie im Kampf gegen Rechtsradikalismus
       benötigen wir auch im Bereich des militanten Islamismus
       Präventionsmaßnahmen in den Kommunen und im Internet, um gerade Einzeltäter
       frühzeitig erkennen zu können", sagte er der Osnabrücker Zeitung. Der
       Landesverfassungsschutz habe bereits gemeinsam mit Islamverbänden und
       Bildungsträgern ein Konzept entwickelt, das etwa die Zusammenarbeit von
       kommunalen Präventionsräten mit Hochschulen und Moscheen vorsehe. Auf
       nationaler Ebene müssten ferner Präventivmaßnahmen gegen islamistische
       Propaganda im Internet etabliert werden, sagte Schünemann.
       
       9 Sep 2011
       
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