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       # taz.de -- Peter Fuchs über gerechtes Wirtschaften: "Gesamte Rohstoffkette verändern"
       
       > Auch Ökoprodukte wie Windkraftanlagen stammen teils aus schmutzigem und
       > ungerechtem Bergbau, kritisiert Peter Fuchs von der Organisation
       > PowerShift.
       
   IMG Bild: "Windräder lassen sich auch ohne Seltene Erden herstellen."
       
       taz: Herr Fuchs, was ist schmutzig an der grünen Wirtschaft wie
       erneuerbaren Energien oder Elektromobilität? 
       
       Peter Fuchs: Die Rohstoffe für die grüne Wirtschaft werden aus
       Entwicklungsländern importiert - teils in wachsenden Mengen. Dort werden
       sie meist unter umweltschädlichen und menschenunwürdigen Bedingungen
       abgebaut.
       
       Zum Beispiel? 
       
       Auch Windräder brauchen Stahl und Kupfer, einige sogar Seltene Erden.
       Elektrofahrzeuge benötigen Lithium, Kupfer, Aluminium und viele weitere
       Stoffe. Seltenerd-Metalle werden gegenwärtig vor allem in China abgebaut.
       Dabei entstehen ganze Seen giftiger Nebenprodukte, etwa Schlamm voller
       Schwermetalle, Säuren sowie radioaktivem Thorium und Uran. Einige illegale
       Minen kippen dieses Material einfach in die Landschaft oder lassen es
       unkontrolliert versickern. Auch der herkömmliche Bergbau von Zink oder
       Kupfer verbraucht riesige Mengen von Wasser und Fläche und verursacht
       giftige Abfälle.
       
       Gibt es für die Unternehmen überhaupt die Möglichkeit, saubere Rohstoffe zu
       kaufen? 
       
       Unter den gegenwärtigen Bedingungen eigentlich nicht. Wir müssen die
       gesamte Rohstoffkette verändern. Dazu müssen wir die Unternehmen dazu
       bringen, ihre Beschaffung nach ökologischen und sozialen Kriterien
       auszurichten. Dann wird der Abbau in den Förderländern zwar teurer, aber zu
       einer fairen Beschaffung gehört auch, faire Preise zu zahlen. Außerdem ist
       es notwendig, die Außenwirtschaftspolitik neu auszurichten und den
       Förderländern ein faires Angebot zu unterbreiten.
       
       Müssen sich auch die Produkte der grünen Wirtschaft ändern? 
       
       Zum Teil. Windräder lassen sich auch ohne Seltene Erden herstellen.
       Ökologisch oder sozial brisante Rohstoffe sollten, wenn immer möglich,
       ersetzt werden. Außerdem brauchen wir eine Kreislaufwirtschaft, um die
       Metalle so oft wie möglich wieder zu verwerten und damit weniger neue
       Rohstoffe zu verbrauchen. Für eine neue Broschüre haben wir uns mit
       Elektromobilität auseinandergesetzt: Viele neue Modelle, die derzeit
       entwickelt werden, sind sehr schwer, groß und schnell. Das ist ein
       Technologiepfad, der nicht nachhaltig ist - auch wenn dort kein Erdöl mehr
       verbraucht wird.
       
       Die EU und die Bundesregierung haben jeweils Rohstoffinitiativen gestartet.
       Sehen Sie da positive Ansätze? 
       
       Nein, die Konzepte dort sind dominiert von der Forderung der Industrie nach
       grenzenlos verfügbaren und billigen Rohstoffen. Die Grundausrichtung
       orientiert sich immer noch am freien Handel, das ist völlig falsch. Es gibt
       zwar Ansätze für mehr Ressourceneffizienz, aber dominiert sind die
       Initiativen von den Unternehmenslobbys. So kommen wir aber nicht weiter,
       wir müssen grundsätzlich umsteuern.
       
       28 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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