URI: 
       # taz.de -- Fußball in Griechenland: Düster wie im Mafiafilm
       
       > Der griechische Fußball steckt in der Krise. Seit mehr als zwei Jahren
       > taumelt er von einem Skandal in den nächsten. Die Teams gehen reihenweise
       > Pleite.
       
   IMG Bild: Randale statt Fußball: Panathinaikos Fans legen ein Feuer im Spiel gegen Tel Aviv.
       
       BERLIN taz | Manchmal drei, oft auch vier Monate lang musste Denis Epstein
       auf sein Gehalt warten. Die mächtigen Männer aus der Chefetage seines
       Vereins Iraklis Thessaloniki zuckten nur mit den Schultern, wenn der
       deutsche Fußballprofi sein Gehalt einforderte. "Schließlich habe ich es per
       Gericht eingeklagt. Der Prozess läuft noch", erklärt der 25-jährige
       Stürmer, der vor zwei Jahren von Olympiakos Piräus an Iraklis ausgeliehen
       war.
       
       Ob Epstein sein Geld jemals überwiesen bekommt, steht in den Sternen. Bis
       heute ist noch kein Urteil gefällt worden. Iraklis ist längst wegen
       finanzieller Unregelmäßigkeiten seine Lizenz los und wurde in die dritte
       Liga strafversetzt.
       
       Seit nunmehr zwei Jahren steckt Griechenland in seiner tiefsten Krise und
       der Fußballsport mittendrin. In diesen Jahren ist der Fußball in Hellas von
       Skandalen, Pleiten, Korruption, Fangewalt und zuletzt der Wirtschaftskrise
       so heftig durchgeschüttelt worden, dass der griechische Fußballverband
       (EPO) Anfang Juni für zwei Wochen seinen Betrieb einstellte. EPO-Präsident
       Sofoklis Pilavios wollte diese Reaktion als letzte, drastische Warnung an
       die in seinem Verband organisierten Fußballvereine verstanden wissen.
       "Unser Fußball stirbt", erklärte der Funktionär - er könnte Recht haben.
       
       Am Freitag startet die griechische Super League in ihre neue Saison, so
       erklärte es jedenfalls der griechische Fußballverband EPO gestern früh in
       Athen. Zuvor hatten die Verbandsbosse zwei Vereine, Olympiakos Volos und AO
       Kavala, in die Vierte Liga strafversetzt. Beiden Klubs wurden zahlreiche
       Wett- und Spielmanipulationen nachgewiesen. Nicht weniger als sechzig
       Spiele der "Super League" sollen in den vergangenen zwei Jahren verschoben
       worden sein - mit der Unterstützung von Spielern, Funktionären und
       Schiedsrichtern. Das alles hat die Athener Staatsanwaltschaft dokumentiert.
       
       ## Steuerfahnder sind aufmerksam
       
       Achilleas Beos, der Präsident von Volos, sitzt bereits im Gefängnis. Makis
       Psomiadis, der Chef von Kavala, steht vor Gericht. Die Vorwürfe, die gegen
       die beiden schillernden Nachtklubbesitzer erhoben werden, lesen sich wie
       aus einem Drehbuch zu einem Mafiafilm: Bildung einer kriminellen
       Vereinigung, Bestechung, Manipulation, illegales Wetten und Geldwäsche. Wer
       für Volos und Kavala in die erste Liga nachrückt, ist bisher noch nicht
       ausgemacht.
       
       Deshalb startet die Liga heute nur mit sechs statt mit acht Matches und das
       wohl vor allem auf Druck der griechischen privaten TV-Station Nova. Der
       Fernseh-Rechteinhaber hatte sich in weiser Voraussicht für jeden
       ausgefallenen Spieltag eine Entschädigungssumme von vier Millionen Euro in
       die Verträge schreiben lassen. "Wir spielen", sprach Evangelos Marinakis,
       der mächtige Ligaverbands- und Olympiakos Piräus-Chef, am Donnerstag ein
       Machtwort.
       
       Sein Klub kämpft derweil selbst um die Existenz. Mit rund 200 Millionen
       Euro soll er bei den Banken in der Kreide stehen. Kaum besser ist die
       Situation bei anderen großen Klubs wie AEK Athen oder Paok Saloniki. Und
       auch Panathinaikos Athen ist ruiniert. Ähnlich düster sieht es in der
       Zweiten Liga aus. Hier traten in der Rückrunde der vergangenen Saison
       einige Vereine gar nicht mehr zu Auswärtsspielen an. Sie konnten die
       Reisekosten nicht bezahlen.
       
       Jetzt verschärfen auch noch sinkende Einnahmen von der nationalen
       Sportwettengesellschaft Opap die Situation. Die gilt als einer der
       wichtigsten Sponsoren. Doch das mehrheitlich im Staatsbesitz befindliche
       Unternehmen soll auf Druck der EU-Sparkommissare baldigst privatisiert
       werden und hat sein Sponsoring kräftig reduziert.
       
       Mittlerweile haben selbst die griechischen Steuerfahnder den Fußballsport
       in ihr Visier genommen. Spitzensportler werden seit diesem Jahr mit 35 bis
       45 Prozent besteuert. Bisher galt für die Top-Athleten ein Steuersatz von
       21 Prozent. Zumindest auf dem Papier.
       
       "Die ausländischen Profis denken daran, Griechenland zu verlassen. Ich sehe
       meine Tore vor allem als Bewerbung für die Bundesliga", so Epstein zur taz.
       Sein Vertrag beim griechischen Dauermeister Olympiakos Piräus wurde im Juli
       plötzlich aufgelöst. Immerhin konnte Epsteins Berater den Ex-Kölner noch an
       den Erstligisten Atromitos Athen vermitteln. Zukunft ungewiss.
       
       26 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Haselbauer
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball
   DIR Schwerpunkt Krise in Griechenland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Skandal im griechischen Fußball: Spuckendes Unschuldslamm
       
       Vor einem Gericht werden schwere Vorwürfe gegen den Besitzer von Olympiakos
       Piräus erhoben. Der wehrt sich gegen den Verdacht der Spielmanipulation.
       
   DIR Krise im griechischen Fußball: Zeichen des Niedergangs
       
       Im griechischen Profifußball geht es drunter und drüber. Die Besetzung der
       Ligen ist unklar. Und richtig viel Geld hat nur noch Olympiakos Piräus.
       
   DIR Wettskandal bei Fenerbahce Istanbul: Ausgesperrte Kanarienvögel
       
       Fenerbahce Istanbul wird der Manipulation verdächtigt und darf nicht an der
       Champions League teilnehmen. Dem Club entgehen so etwa 25 Millionen Euro.
       
   DIR Forderung von Transparency International: Fifa-Familie bleibt intakt
       
       Die Fifa nimmt die Forderungen von Transparency International "zur
       Kenntnis". Frühwarnsysteme soll es nur für manipulierte Spiele geben, nicht
       für korrupte Funktionäre.