URI: 
       # taz.de -- Erdogan in Somalia: Hohe Diplomatie in Zeiten des Hungers
       
       > Der türkische Premier Erdogan besucht Mogadischu als Zeichen islamischer
       > Solidarität. Auch die Präsidenten der wichtigsten Kriegsparteien, Uganda
       > und Eritrea, treffen sich.
       
   IMG Bild: Haltung bewahren: Somalias Präsident Sheikh Sharif Ahmed (l.) und Tayyip Erdogan.
       
       BERLIN taz | Ein Zeichen der islamischen Solidarität mit Somalia will der
       türkische Ministerpräsident setzen. Tayyip Erdogan ist gestern zusammen mit
       seiner Frau und vier Ministern in die somalische Hauptstadt Mogadischu
       gereist, Zentrum einer verheerenden Hungersnot. Es ist der erste Besuch
       eines Staats- oder Regierungschefs von außerhalb der Region in der
       bürgerkriegszerstörten Millionenstadt seit fast zwei Jahrzehnten. Erdogan
       wollte sogar in Mogadischu übernachten.
       
       Der Besuch unterstreicht das Gewicht der Hungerhilfe aus der islamischen
       Welt für Somalia, die die aus dem Westen noch übersteigen könnte. Die
       Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) hatte am Mittwoch in Istanbul
       beschlossen, 350 Millionen Dollar (242 Millionen Euro) an Hilfen für
       Somalia bereitzustellen. Das ist ein Drittel der von der UNO geforderten
       Summe für Hungerhilfe innerhalb Somalias. Anders als manche westlichen
       Hilfswerke haben islamische Hilfsorganisationen auch keine Probleme damit,
       im Gebiet der islamistischen Shabaab-Milizen zu arbeiten.
       
       Aber der Besuch aus der Türkei ist auch ein Zeichen des Schulterschlusses
       mit der somalischen Übergangsregierung von Präsident Sharif Sheikh Ahmed.
       Sie gilt als extrem korrupt und unfähig, ein breites politisches Bündnis zu
       schmieden. Die Islamisten der Shabaab zogen sich zwar vor zwei Wochen aus
       der Hauptstadt zurück, kontrollieren aber noch immer weite Teile
       Südsomalias, während die Regierung auf Mogadischu beschränkt bleibt. Ihre
       Amtszeit wäre eigentlich am 20. August abgelaufen, wurde aber letzten Monat
       auf einer Konferenz in Uganda verlängert. Uganda stellt den größten Teil
       der 9.000 Mann starken afrikanischen Eingreiftruppe Amisom, die Somalias
       Regierung schützt.
       
       In Uganda ging gestern ein für Somalia mindestens ebenso bedeutsamer
       Staatsbesuch zu Ende. Eritreas Präsident Isaias Afeworki, laut UNO der
       wichtigste militärische Unterstützer der Shabaab, hatte drei Tage lang
       Kampala besucht und Ugandas Präsidenten Yoweri Museveni getroffen. Afeworki
       dementierte, die Shabaab zu unterstützen.
       
       "Die Völker von Eritrea und Uganda haben beide lange für ihre Freiheit
       gekämpft", sagte Museveni: "Wir reden über ernste Dinge, nicht nur
       Diplomatie oder Champagner." Afeworki bestätigte: "Wenn wir uns treffen,
       reden wir über inspirierende Dinge, und ich fühle mich wie zu Hause."
       
       19 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hungersnot in Somalia: Zu gefährlich zum helfen
       
       Der Bürgermeister Mogadischus verbietet Ausländern, in die Hungergebiete zu
       reisen. Er fürchtet um die Sicherheit der Helfer und bietet an, Güter durch
       örtliche Gruppen verteilen zu lassen.
       
   DIR Unterernährung in Somalia: 750.000 Menschen droht der Hungertod
       
       Laut UN-Angaben ist mittlerweile ein Großteil des Südens von Somalia von
       der Hungersnot betroffen. Zehntausende Menschen seien bereits gestorben,
       mehr als die Hälfte davon Kinder.
       
   DIR Hilfe der Afrikanischen Union: Ein bisschen mobil gegen Hunger
       
       Der Sondergipfel für die Hungersnot bleibt hinter den Erwartungen zurück:
       Die 54 Regierungen sagten gerade mal rund 50 Millionen Dollar zu. Private
       Initiative bringt mehr.
       
   DIR Zustand Europas: Der Türkei ist die EU wurst
       
       Der wichtigste Grund, warum Europa bei türkischen Politikern, Journalisten
       und Intellektuellen kaum noch eine Rolle spielt, ist einfach: Die Türkei
       boomt.
       
   DIR Kommentar Hungersnot in Somalia: Somalia muss regierbar werden
       
       Die politische Dimension der Hungersnot in Somalia wird oft ausgeblendet.
       Somalia braucht staatliche Strukturen, aber nicht nach westlichem Modell.
       
   DIR Hungerhilfe für Horn von Afrika: Niebel überrascht die Helfer
       
       Das UN-Welternährungsprogramm WFP wartet auf Klarheit, nachdem
       Bundesentwicklungsminister Niebel die deutsche Hungerhilfe kurzerhand
       vervierfacht hat.
       
   DIR Islamisten-Aussteiger in Somalia: College statt Kalaschnikow
       
       Ein Kämpfer, der ausstieg: Abdulkader war Mitglied der islamistischen
       al-Shabaab in Somalia. Doch dann wurde die Miliz immer brutaler. Jetzt
       studiert er.
       
   DIR Regierungstruppen übernehmen Kontrolle: Islamisten aus Mogadischu vertrieben
       
       Die Shabaab-Milizen sind auf dem Rückzug aus der Hauptstadt. Mogadischu
       wird von der Regierung kontrolliert. Aber nun plündern Armeeangehörige die
       Bevölkerung aus.
       
   DIR Hungersnot in Ostafrika: Paradoxon Somalia
       
       Es gibt keine staatlichen Strukturen, in Somalia herrschen Krieg und
       Zerfall. Und dennoch funktioniert einiges in dem ostafrikanischen Land.
       Eine Länderkunde.